Die Angeklagte Irmgard F. wird zu Beginn des Prozesstages in den Sitzungssaal gebracht. (Archivfoto vom 20.12.2022)

Ihre Meinung zu BGH urteilt über Sekretärin: Eine historische Entscheidung

Der Bundesgerichtshof urteilt heute über den Fall einer Sekretärin im KZ Stutthof. Die heute 99-Jährige war gegen ihre Verurteilung im Jahr 2022 vorgegangen. Es könnte das letzte Urteil in einem KZ-Prozess in Deutschland sein. Von Max Bauer.

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149 Kommentare

Kommentare

Nettie

"In seinem zweiseitigen Statement beschreibt [der Holocaust-Überlebende], dass ihm vom Beginn seiner Gefangenschaft in Stutthof an klar war, dass es sich um "ein monströses Vernichtungslager" handelte."

Dieser Prozess ist deshalb so wichtig, weil er unmissverständlich klarstellt, dass die 'Arbeit' an der Vernichtung von Menschen ein Verbrechen ist, das nie verjährt.

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NieWiederAfd

Genau so ist es.

Koblenz

Und heute leben im Land Juden die sich nicht mehr sicher fühlen  weil durch überbordende Humanität und Solidarität als Bringschuld der Kriege diese Möglichkeit geschaffen wurde .

NieWiederAfd

Was bitte hat das mit dem Prozess gegen eine Sektetärin in einem Nazi-Vernichtungslager zu tun?

Kritikunerwünscht

Vollkommen richtig - leider wurden und werden die anderen Menschen, die Beihilfe zum Mord geleistet haben, nicht beachtet - Rüstungsunternehmen, Pharmaunternehmen, Autoindustrie. Die KZ-Insassen mussten in vielen Unternehmen Zwangsarbeit leisten, viele sind dabei umgekommen und die Unternehmen hat man weitgehend nach dem Krieg in Ruhe gelassen, weil es wichtig für die Wirtschaft war. "Die Grundlagen des heutigen Vermögens wurden vor dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere während der Zeit des Dritten Reichs geschaffen. " (Auszug Wikipedia) Hier geht es um eine sehr angesehene deutsche Autobauerfamilie. Beihilfe zum Mord könnte man auch heute noch verfolgen bei diesen Menschen und das unrechtmäßig erworbene Eigentum einziehen - macht man aber nicht. Weshalb?

Nettie

"Die Grundlagen des heutigen Vermögens wurden vor dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere während der Zeit des Dritten Reichs geschaffen. " (Auszug Wikipedia) […]
Weshalb?

Ihr Kommentar legt die Vermutung nahe, dass das eine rhetorische Frage ist.

Autograf

Das Strafrecht bezieht sich nur auf natürliche Personen, nicht auf Unternehmen. Man kann kein Unternehmen ins Gefängnis stecken oder seine heutigen Manager oder Eigentümer für die Taten früherer Manager oder Eigentümer. Die Frage des Einziehens von Vermögen hätte erfolgen müssen, als die Täter noch Eigentümer waren, dies ist heute nicht mit den Mitteln des Strafrechts (Tote können strafrechtlich nicht belangt werden) möglich. Alles andere ist nur zivilrechtlich aufgrund von Schadensersatzansprüchen möglich. Nur: Hier ist praktisch das ganze Volk in der Pflicht. Ein großer Teil des Volkes hat Hitler gewählt und auch noch lange unterstützt. Daher hat die Bundesrepublik (nicht die damalige DDR) hohe Entschädigungssummen an Opfergruppen gezahlt. Aber auch Unternehmen haben Entschädigungen gezahlt. Allerdings sind Unternehmen hier durch das Aktienrecht eingeschränkt. Sie dürfen das Vermögen ihrer heutigen Aktionäre nicht ohne Rechtsgrundlage mindern.

marvin

Genau! Mit Nikolaus Blome gesprochen: "Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen!"
(Und währenddessen zeigen, wie immer, vier Finger auf einen selber.)

Nettie

Hier wird nicht auf eine Person gezeigt, sondern auf das System des Terrors.

NieWiederAfd

Hier geht es nicht um Fingerzeig, hier geht es um einen Justizprozess. Und da geht's auch nicht um 4 Finger, die auf einen selbst zeigen. 

werner1955

Sehe ich auch so.

Jeder, auch der der passiv an Leid von Menschen mitarbeitet sollte das wissen und das er für dei Folgen seinen Handelns einstehn muss.

Alter Brummbär

Die Frage darf man aber stellen.

Warum wurde so lange weggeschaut und durchaus damals schon bekannte Personen nicht bestraft?

neuer_name

Ich glaube nunmal nicht das die angeklagte Irmgard F. von alledem nichts gewusst haben will und tagein tagaus in diesem Vernichtungslager Ihrer "ganz normalen Arbeit" nachgegangen ist. Doch das können unsere Gerichte besser entscheiden als ich. Trotz des hohen Alters der Beteiligten finde ich es richtig und wichtig das versucht wird, diese Fälle aufzuklären, denn das sind wir den Opfern schuldig denke ich. 

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Mendeleev

Natürlich hat sie alles gewusst. Und? Was hätte sie tun sollen ? Zur Polizei gehen ? 

Autograf

Sie wäre kein großes persönliches Risiko eingegangen, wenn sie ihre Mitarbeit dort beendet hätte. Aber das ist das große Problem in Diktaturen: Man muss schon auf sehr viel verzichten, im Extremfall, wie z.B. Navalny, sogar auf das Leben, wenn man sich nicht mitschuldig machen möchte. Wollen wir hoffen, dass wir nie vor diese Frage gestellt werden, wie unsere Eltern bzw. Großeltern. Dazu müssen wir wehrhaft gegen alle Anfeindungen des demokratischen Rechtsstaates sein, von innen und außen.

rolato

Sie hätte sicherlich ohne Nachteile kündigen können und eine andere Sekretärin wäre schnell nachgerückt, da in der Regel Bezahlung, Versorgung und Unterbringung besser waren als eine vergleichbare Tätigkeit sonst wo im damaligen Reich, die Geschichte aber wäre dadurch nicht anders verlaufen. Moralisch kann nur Frau Irmgard F. selbst entschieden haben was ihre Gründe für den Verbleib mit ihrer Tätigkeit dort waren. Vielleicht hat sie sich dort verliebt, eine Karriere gesehen, es gäbe viele Gründe.

Stein des Anstosses

In diesem Sinne schreiben Sie hier sonst aber nicht, eher autokratenlastig.

Aber: der BGH hat soeben im Sinne Ihres uns ansonsten vorenthaltenen Ideals geurteilt.

w120

Sie wäre kein großes persönliches Risiko eingegangen, wenn sie ihre Mitarbeit dort beendet hätte.

Dass sie die Taten mitbekommen hat, das ist für mich unstrittig.

Aber konnte sie wirklich so einfach die Stellung aufgeben?

Wenn diese Frage zu verneinen ist, dann trägt sie zwar eine Mitschuld, aber es gibt nicht nur Heldinnen.

teachers voice

Einfach nur peinlich…

teachers voice

Ich glaube nunmal nicht das die angeklagte Irmgard F. von alledem nichts gewusst haben will und tagein tagaus in diesem Vernichtungslager Ihrer "ganz normalen Arbeit" nachgegangen ist

Das glaubt aber die Partei, dessen Vertreter Sie gestern noch gehuldigt haben, ganz fest. 

Koblenz

Warum wurde so viel später  angeklagt ? Nach ihrem Beitrag lese ich daraus das damit auch die AfD dadurch Schaden nehmen sollte  .

Mauersegler

Sehr aufschlussreich, wie Sie die AfD hier in Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus bringen. 

Egleichhmalf

Ich habe den Beitrag von @teachers voice auch gelesen und kann an keiner Stelle erkennen, dass der Forist dazu auffordert  - weder direkt noch indirekt - die AfD für die Nazi-Verbrechen in Verantwortung zu nehmen.

Er wundert sich nur darüber, dass ein glühender Anhänger der AfD plötzlich die gegenteiligen Positionen dieser Partei vertritt.

Stein des Anstosses

Die NS Aufarbeitung, nur um der afd zu schaden?

Na, das nenn ich mal den Größenwahn der Bescheidenen…

Vector-cal.45

Das ist doch Unsinn, was Sie hier behaupten.

tagonist

Im Gegensatz zu manch blitzgeschteiten Breitbärten stehen alte Nazi-Sekretärinnen zu ihrem Scheiss.
Wenigstens das wäre auch für Faschisten neuer Namen ein gewisser Goldstandard.

Wolf1905

Die Frau ist, wenn die 99 Jahre alt ist, 1925 geboren. Sie war dann in den Jahren 1944/45 also 19/20 Jahre alt. Sicherlich hat sie mitbekommen, was für grausame Ermordungen in diesem KZ erfolgt sind und hat diese ja schriftlich mit protokolliert. 
Mord verjährt nicht, wobei ich sie nicht als Mörderin sehe, sondern Beihilfe zum Mord. Ja, eine Verurteilung ist schon gegeben, auch im Hinblick auf die Hinterbliebenen der Ermordeten. Das Gericht wird schon ein gerechtes Urteil fällen. 

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Mendeleev

Wenn es danach geht hätte man sehr viele in der jungen BRD einsperren müssen … es gab ca. 500.000 Mitwisser des Holocausts

rolato

Die DDR sollten Sie an dieser Stelle genauso erwähnen, denn beide deutsche Staaten hatten einen gemeinsame Vergangenheit bzw. Geschichte.

Mauersegler

Mitwisser Täter.  Man muss Ihnen wirklich die einfachsten Dinge erklären.

Egleichhmalf

Ja. Manchmal gibt er sich so intelligent, und dann wieder kann man sich nur wundern.

Sisyphos3

können sie vielleicht ihren Überheblich Ton mal ablegen ?

die Übergänge Mitwisser # Täter sind fließend

wenn ich sehen dass Unrecht geschieht und schaue weg .....

wie werten sie das

mehr noch wenn ich den unterstütze in Form von aktiver oder passiver Zustimmung

 

Grossinquisitor

Bitte nicht so herablassend. Beihelferin ist nämlich auch nicht gleich (Mit-)Täterin. Die Frau wurde wegen Beihilfe verurteilt. 

Affen_D

Sie ist auch nicht als Mörderin angeklagt und verurteil worden!

TeddyWestside

Ich weiß zwar nicht viel über die Dame und ihre Ansichten, aber ich finde diesen Prozess und das Urteil, das gegen sie erlassen wurde, unmöglich. Ich weiß, Mord verjährt nicht, aber allein die Anklage wegen Beihilfe war mMn schon absurd. Aber das ganze noch 80 Jahre danach abzuhalten? Ich finde, das wirft kein gutes Licht auf die Justiz. Was hätte sie denn mit 18 tun sollen, reingeboren in das System? Nicht jeder ist zum Held geboren und man sollte auch nicht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden, weil man kein Held ist.

Ich hoffe auf einen Freispruch letztendlich, so dass sie nicht die letzten Tage ihres Lebens als verurteilte Mörderin verbringen muss.

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Olivia59

Ich kann Ihre Perspektive nachvollziehen – andererseits kann man eben auch nicht sagen, das alles erlaubt ist, wenn man in einem System sozialisiert wurde, in dem dies "normal" und rechtens war. Damit wären nahezu alle NS Verbrechen entschuldigt und zukünftige potentielle Verbechen ebenso, wobei nun ja universelle Rechte implementiert sind, von denen man unterstellen muss, das man sie kennt und im Grenzfall über sein nationales Recht stellt.

TeddyWestside

"andererseits kann man eben auch nicht sagen, das alles erlaubt ist, wenn man in einem System sozialisiert wurde"

 

Da haben Sie natürlich auch wieder recht.... es ist schwierig und ich beneide niemand in dem Prozess

wie-

>> Was hätte sie denn mit 18 tun sollen, reingeboren in das System? Nicht jeder ist zum Held geboren und man sollte auch nicht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden, weil man kein Held ist.

Helden (und Heldinnen) wurden seiner Zeit nur vom herrschenden System gefordert. Wie seit 1990 (!) durch das Buch über das Polizei-Bataillon 101 "Ganz normale Männer" von Christopher Browning bekannt, wurde im NS-System niemand die aktive Teilnahme an Massenmord und Vernichtung befohlen, niemand hatte persönliche Nachteile durch eine Ablehnung einer Mittäterschaft zu erfahren, sprich jede Mittäterschaft geschah auf eigene persönliche Entscheidung. Mindestens seit dieser Arbeit kann sich kein "Rädchen im Herrschaftssystem" auf den "Befehlsnotstand" berufen und damit eine Mitschuld leichtfertig abweisen.

rolato

niemand die aktive Teilnahme an Massenmord und Vernichtung befohlen, niemand hatte persönliche Nachteile durch eine Ablehnung einer Mittäterschaft zu erfahren, sprich jede Mittäterschaft geschah auf eigene persönliche Entscheidung.

Das ist korrekt, Verwaltungsangestellte (dazu gehören auch SS Wachleute) und Mitarbeiter in Konzentrationslagern konnten jederzeit ihren Dienst kündigen, hatten dadurch nur bedingt Nachteile. Viele SS Wachleute hielten dem psychischen Druck über die Zustände in den Lagern nur schwer aus, wählten aber aus Gründen der besseren Versorgung und einem möglichen Einatz an der Ostfront lieber den grausamen Dienst.

TeddyWestside

"Wie seit 1990 (!) durch das Buch über das Polizei-Bataillon 101 "Ganz normale Männer" von Christopher Browning bekannt,"

War das diese Truppe in Estland oder Litauern? 

Wie dem auch sei, als Historiker 40 Jahre später hat man natürlich ganz andere Möglichkeiten, auf die Dinge zu schauen, als wenn man als Sekretärin mitten in der Maschine ist. Ihr Argument würde im vorliegenden Fall nur zählen, wenn der Sekretärin das 1990 (!) erschienene Buch bekannt gewesen wär. Aber man kann das durchaus auch anders sehen.

Miauzi

Das "Weißwaschen" von Nazis und ihren Verbrechen findet kein Ende in dieser fürchterlichen Republik ... ja ich habe "fürchterlich" bewusst gewählt - denn das gezielte Vergessen von Mitschuld und dem Wissen über grausamste Verbrechen gehört zur DNA dieser Republik.

Ansonsten wären die ganzen Prozesse nicht erst so spät gekommen - nachdem der größte Teil der Täter längst friedlich in ihren Betten eines natürlichern Totes gestorben waren!

Und natürlich wusste diese "Dame" schon damals mit ca. 20 was in den Lagern passierte und die Wahl des Arbeitsplatzes zeigt auch - dass sie damit einverstanden war.

Natürlich war auch den Leuten in der "Heimat" bekannt - was da hinter der Front alles so passierte ... ind er Schublade meiner Oma fand mein Vater nach dren Tod Feldpostkarten von ihrem Mann -> mit Bildern von gehängten Zivilisten ... Opa war als Wehrmachts-Soldat freiwillig bei solchen Aktionen dabei und hat voller Stolz davon nach Hause berichtet!

Olivia59

Man sollte sich heute aber auch nicht als grosser charakterlich gefestigter Widerständler wahrnehmen, weil das Umfeld heute ein völlig anderes ist. Die Quote aktiver Widerständler, war meines Wissens nach 0,3% der Bevölkerung. Es gibt einige NS-Beispiele, die zeigen wie manipulierbar und schwach Menschen doch sind. Als eine Polizeigruppe auf neuerlich für Erschiessungen eingesetzt werden soll hiess es, wer nicht mitmachen möchte trete einen Schritt vor. Die Anführer hatten ihre psychologischen Methoden offenbar gut drauf.

teachers voice

Wenn diese Frau auch nur ein bisschen Einsicht und Schuldgefühl und Reue zeigen würde, würde ihr der Prozess bei ihrer eigenen Vergangenheitsbewältigung sogar helfen. 

Stattdessen nur Verbohrtheit und Schuldumkehrung nach einschlägigem Muster.

TeddyWestside

Das ist ein Punkt, der mir nicht bewusst war. Das ändert für mich auf jeden Fall die menschliche Perspektive und für dieses Verhalten habe ich absolut kein Verständnis. Dass sie nichts mitbekommen hat, würde ich ihr auch nicht abkaufen

Helmut_S.

Weshalb haben die Gerichte nicht im 1. Bundestag  in der CDU/CSU nach Mördern der aus der NAZI-Zeit gesucht. Dort wären sie sicher fündig geworden und hätten mehrere aburteilen können.

TeddyWestside

Womöglich wären die dann noch selbst auf der Anklagebank gelandet. 

Was wurde eigentlich aus der Sekretärin Hitlers, die damals von den Amerikanern interviewt wurde. Musste sie sich auch vor Gericht verantworten, weiß das jemand?

TeddyWestside

Das wäre auf jeden Fall besser und irgendwie befriedigender Gewesen, ich denke auch für Angehörige der Mordopfer

rolato

Frau Irmgard F. wird ja wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und auch Beihilfe verjährt nach spätestens 30 Jahren, außer das Verfahren wird erneut aufgenommen, dann beginnt die Verjährung von neuem. 

Egleichhmalf

Nein: ebenso wie Mord verjährt auch die Beihilfe dazu nicht, siehe § 78 II StGB.

Alter Brummbär

Das sollten sie mal den Opfern mitteilen.

Kritikunerwünscht

Der Prozess ist absolut richtig und notwendig. Leider wurden bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus viele Profiteure der Wirtschaft der damaligen Zeit ausgeklammert - heute sehr vermögende Familien haben einen großen Teil ihres Reichtums in der Zeit durch Zwangsarbeit, durch die KZs, durch die verbrecherischen Kriege Deutschlands errungen. Und genau diese Familien sind heute wieder wirtschaftlich mächtig und haben dadurch auch einen großen politischen Einfluss. Sich mit denen anzulegen wäre schädlich für die deutsche Wirtschaft. Also greifen wir uns lieber nur die Sekretärinnen und Wachleute. Nebenbei - auch viele Nazigrößen konnte ihre Besitztümer behalten, wurden nicht angetastet, weil sie für die Wirtschaft oder die Geheimdienste von Interesse waren und kamen zu Rang und Ehren in der Bundesrepublik, sogar auch in der DDR. Man könnte erwidern, dass man nur nicht verjährende Straftaten heute noch bearbeiten kann - doch war vieles andere auch Beihilfe zum Mord.

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wie-

>> Also greifen wir uns lieber nur die Sekretärinnen und Wachleute.

Oh, Mann. Auch bei diesem Thema geht's für einige offenbar nicht ohne die Mär der "Verschwörung böser Eliten gegen das arme und ausgebeutete Volk". Wenn Sie konkrete Beweise gegen Ihre "mächtigen Familien" haben, warum legen Sie diese nicht einem Gericht vor?

NieWiederAfd

Der Prozess ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil es um die Verantwortung all derer geht, die die Nazi-Vernichtungsmaschinerie mit in Gang gehalten haben. Die Stenotypistin Irmgard F. hat bei ihrer Arbeit für den Lagerkommandanten natürlich um die Massenmorde im Lager gewusst und durch ihre Tätigkeit diese auch unterstützt und gefördert. Das macht das bedrückende Zeugnis des Holocaust-Überlebenden Abraham Koryski überdeutlich. Frau F. ist weissgott nicht die erste, die mit "wir haben doch nichts gewusst" die eigene Verantwortung leugnen will, aber möglicherweise die letzte.

Sonnenblume

So richtig ich es finde, dass die Täter dieser Zeit zur Verantwortung gezogen wurden - und es sind viel zu viele davon gekommen - so zweifle ich doch am Sinn dieser Verhandlungen. Wenn Prozesse dieser Art vor 50 - 70 Jahren stattgefunden hätten, jawoll. Aber welchen Zweck hat es denn eine 99jahrige vors Jugendgericht zu stellen und sie trotz dem ungeheuren Vorwurf "Beihilfe zu 10000fachem Mord" zu 2 Jahren auf Bewährung zu verurteilen? Gerade die Jugendgerichte sind doch hoffnungslos überlastet und ich hielte es für wichtiger, heutige Jugendliche Straftater egal welcher Couleur zügig zu bestrafen. Diese Frau war ein kleines, aber wichtiges Rädchen, unbestritten, doch die Verantwortlichen und die wahren Täter liegen schon lange unter der Erde. 

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Plattkopp

Stimme Ihnen zu.

gelassenbleiben

Erinnerung und Mahnung sind wichtig. immer und gerade jetzt und darf nicht unter die Erde gekehrt werden 

Sind Sie neu hier, oder verwenden Sie sonst einen anderen Nutzernamen?

gelassenbleiben

Meine Frage geht auch an Plattkopp: Sind Sie neu hier, oder verwenden Sie sonst einen anderen Nutzernamen?

 

Koblenz

Immer und gerade jetzt . Ja ich lese hier ihre Beiträge und es ist leicht  ihr " und gerade jetzt " leicht zu verstehen .

gelassenbleiben

Immer und gerade jetzt . Ja ich lese hier ihre Beiträge und es ist leicht  ihr " und gerade jetzt " leicht zu verstehen .

Ich bin mir gerade bei Ihnen nicht ganz sicher, ob Sie es wirklich ganz verstanden haben

Plattkopp

Ist ja alles richtig - aber was hätte sie denn tun sollen?

Die Arbeit verweigern? Dagegen vorgehen?

Dann wäre sie doch selbst „dran“ gewesen…

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StepHerm

Ja, sie hätte sich verweigern und eine andere Arbeit suchen können, hat sie aber nicht.

Die TäterInnen taten ihre Arbeit zumeist aus Überzeugung, aus ihrer Sicht vermutlich keine angenehme, aber notwendige Arbeit und blieben dabei in ihren Augen „anständig“.

So wie die von einem Mitforisten immer wieder postulierten „anständigen Wähler“ gezwungen sind, erwiesenermaßen Rechtsradikale zu wählen. 
Es gab und gibt immer Alternativen…

1970JohnDoe

Jetzt vom sicheren Sofa aus solche Aussagen zu tätigen, zeugen von einem absoluten Unwissen zu der damaligen Zeit. 

gelassenbleiben

Wir können auch heute vom sicheren Sofa ein mögliches Abgleiten in solche Zustände verhindern, indem wir Menschen stoppen die meinen „Das Problem ist, dass Hitler als absolut böse dargestellt wird.“

StepHerm

Es gab immer Alternativen, möglicherweise mit unbequemen Folgen, aber gegeben hat es sie.

Egleichhmalf

Nein, tun sie nicht. Die Dame hätte sich damals jederzeit eine andere Stelle suchen können ohne jegliche Gefahr für Leib und Leben.

Kohlefreund

Woher wollen Sie wissen was die Frau hätte tun können. N Arroganz nicht zu überbieten 80 Jahre später in einer anderen Zeit, in einem anderen System

Miauzi

Man weiss inzwischen ziemlich genau - dass solchen Leuten keine Strafe oder berufliche Nachteile drohten - wenn sie so etwas nicht machen wollten.

Heute kennt man Dokumente von Himmler - der sich über die psychische Gesundheit seiner SS-Leute in den Vernichtungslagern sorgte - was letztlich auch zivile Angestellte mit einschloss.

Dieses "das System hat uns dazu gezwungen - letztlich sind wir ja auch nur Opfer" widert mich derart an - dass ich gar nicht mit Worten ausdrücken kann ...

Affen_D

Hätten alle Deutschen bereits 1939 "verweigert", wäre die braune Suppe gar nicht in der Lage gewesen, ihr Gift in Deutschland und ganz Europa zu verteilen! Natürlich hätte Sie das tun sollen! So wie viele andere, die dafür sogar bereit gewesen sind, ihr Leben zu lassen!

Anderes1961

Nein, Sie wäre nicht selbst "dran" gewesen. Das ist kompletter Blödsinn, wie inzwischen schon etliche Historiker nachweisen konnten. Nicht mal Soldaten, die sich geweigert hätten, an Massenerschießungen teilzunehmen, wären "dran" gewesen. Es handelt sich um eine Erzählung, die unmittelbar nach dem Krieg begann und als sehr beliebte Ausrede dafür gebraucht wurde, daß man mitgemacht hatte. Ebenso wie die Behauptung, man habe doch nichts gewußt. Das ist einfach nur rechtsextremistischer Bullshit. Weiter nichts. 

Grossinquisitor

Kann die Schreibtischtätigkeit einer damals jugendlichen Sekretärin Beihilfe zum tausendfachen Mord sein? Es bleibt ein Störgefühl. Besonders, weil von den 100.000 NS-Tätern nicht einmal 200 wegen der Morde in den Konzentrationslagern verurteilt wurden. Und weil die Urteile von einer Generation gesprochen wird, die die Gnade der späten Geburt hat. 

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Mauersegler

Das Störgefühl erzeugt bei mir Ihr Kommentar. Selbstverständlich kann Schreibtischtätigkeit Beihilfe zum Mord sein. Diese Tatsache stört Sie? Und gleichzeitig plädieren Sie offenbar für eine Verjährung auch schlimmster Straftaten, weil Sie späteren Generationen kein Urteil zugestehen. Mit Rechtsstaatlichkeit hat das nichts zu tun. 

gelassenbleiben

Der Prozess ist auch eine Mahnung, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Weitere Prozesse wird es wohl nicht nehr geben. Zeitzeugen, die uns mahnen, sterben. Umso wichtiger ist es, dass die Mahn-und Erinnerungsstätten lebendig bleiben. Eine 180 Grad Wendung in der Erinnerungskultur, wie eine Partei sie fordert, ist fehl am Platze. Diese Forderung ist doppelt perfide, da sie genau genommen nicht nur eine Beendigung der Erinnerungskultur fordert, sondern auch noch eine Glorifizierung der Täter.

Ich empfehle den Film ‚The Zone of Interest‘ der beklemmend darlegt, wie die Blindheit und Verdrängung der Täter erfolgte. 

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Grossinquisitor

Ihre Argumentation kann ich nachvollziehen, ganz unproblematisch ist sie aber nicht. Denn mit der Begründung würde mit dem Prozess ein Zweck verfolgt, der über das Strafrecht hinausreicht. Wenn damit aber die angeklagte Frau bloßes Mittel zum Zweck eines Exempels würde, stünde ihre Menschenwürde auf dem Spiel. 

gelassenbleiben

Nein ein Exempel waere es nur, wenn es der einzige Prozess wäre, natürlich müssen alle noch lebenden Täter, denen eine Schuld nachweisbar ist, vor Gericht gestellt werden.