Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes

Ihre Meinung zu BVerfG zur Strafverfolgung: Reform kassiert, Angehörige enttäuscht

Das Bundesverfassungsgericht hat die neue Regelung gekippt, mit der Freigesprochene wegen neuer Beweise nochmals angeklagt werden können. Unter den Richtern gab es aber Uneinigkeit. Und auch die Reaktionen sind gemischt. Von K. Hempel.

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158 Kommentare

Kommentare

Carlos12

Die Verfassung besagt, das Niemand wegen dem selben Verbrechen zwei Mal angeklagt werden darf. Die Richter durften nicht anders entscheiden, so sehr es in diesem Fall auch weh tut.

Wenn man das Gesetz dahingehend anpassen will, dass neue Beweise gewürdigt werden dürfen, muss man die Verfassung ändern.

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koala150

"Die Verfassung besagt, das Niemand wegen dem selben Verbrechen zwei Mal angeklagt werden darf. Die Richter durften nicht anders entscheiden, so sehr es in diesem Fall auch weh tut."

Genau das sagt sie eben nicht, da steht:

"Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden." 

Da steht nix von angeklagt. 

HilliBilli70

Falsch! Der Absatz besagt, dass niemand zweimal bestraft werden darf. Das wäre zutreffend, wenn ein Mörder bereits seine Strafe für den Mord bekommen hat, wie auch immer die ausgefallen ist.

Adeo60

Eine schwierige Entscheidung des BVerfG. Die Weiterentwicklung kriminaltechnischer Untersuchungsmöglichkeiten insbesondere im Bereich von DNA-Spuren sollten m.E. auch in Zukunft genutzt werden können, wenn es um Mord und Völkermord geht. Einer der freigesprochen wird und durch spätere Spuren des Mordes überführt werden könnte, sollte nicht besser gestellt werden als derjenige, der erst nach vielen Jahren ermittelt und durch diese dann verfügbaren Untersuchungstechniken verurteilt wird. Der Faktor Zeit spielt kraft Gesetzes bei Mord keine Rolle, da eine solche Tat nicht verjährt. Dies hätte dann aber auch für die Berücksichtigung neuer entscheidungserheblicher Spuren gelten sollen.

Das Bundesverfassungsgericht hat aus durchaus nachvollziehbaren Gründen anders entschieden. Ob man damit dem potentiellen Täter einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln. Er wird nun in der Öffentlichkeit noch stärker mit dem Verdacht leben müssen, ohne die Chance sich dagegen zu verteidigen.

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Coachcoach

Es geht auch um die unschuldig Beschuldigten - bitte vergessen Sie das nicht.

Adeo60

Sie haben völlig recht. Aber wer beschuldigt wird hat die Möglichkeit sich dagegen zur Wehr zu setzen. Diese Chance hat der Beschwerdeführer nun vertan.

Möbius

Wer würde denn gegen seinen Freispruch klagen wenn er/sie schuldig ist ?

 

Sie haben komische Ideen .. 

jaja...

Wieviel Jahre Ihres Lebens wären sie denn bereit, zu opfern, um wiederholt Ihre Unschuld zu beweisen?

Parsec

"Das Bundesverfassungsgericht hat aus durchaus nachvollziehbaren Gründen anders entschieden"

Welche sind das?

Abgesehen von dem im Grundgesetz festgeschriebenem Verbot, jemanden 2x für dieselbe Tat zu bestrafen - und das wäre im vorliegenden Fall sowieso nicht so -  sehe ich keinen winzigen nachvollziehbaren Grund, der hier gernannt wurde.

Adeo60

Rechtssicherheit und der Rechtsfrieden haben bei der Entscheidung sicherlich auch eine Rolle gespielt. Aber natürlich frage auch ich mich, wie man von Rechtsfrieden sprechen kann, wenn ein potentieller Mörder sich keinen zweiten Verfahren stellen möchte, um dann  auch tatsächlich als freier und geachteter Bürger den Gerichtssaal verlassen zu können. Ein Pyrrhus-Sieg also.

Möbius

Warum sollte ein Schuldiger der aufgrund eines Fehlurteils freigesprochen wurde die Wiederaufnahne des Verfahrens mit dem Ziel seiner eigenen Verurteilung anstreben? 

 

Aus Gewissensbissen ?

 

In welcher Welt leben Sie ? 

Schneeflocke ❄️

"Sprich: Wer rechtskräftig freigesprochen wurde, soll nicht ständig befürchten müssen, dass ihm erneut der Prozess gemacht wird. Hier habe die Rechtssicherheit des Einzelnen, des Freigesprochenen ein höheres Gewicht als der Anspruch des Staates auf Strafverfolgung."

 

Das deutsche täterorientierte Strafrecht begünstigt (wie hier einen mutmaßlichen Mörder) Täter zu Lasten der Opfer und Angehörigen, wenn neue, erdrückende Beweise zur Verfügung stehen. Man darf nicht außer Acht lassen, dass auch die forensische Wissenschaft Fortschritte macht - z.B. im Bereich DNA-Analyse u.a. Die Interessen eines Tatverdächtigen an einer ungestörten und sorgefreien Fortsetzung seines Lebens in Straffreiheit werden höher gewichtet, als die unbegrenzten Qualen der Angehörigen keinen seelischen Abschluss und keine Gerechtigkeit vor Gericht erlangen zu können. Es ist einfach nur gruselig wie die Gesetzgeber hier entschieden haben. Das zerstört das Vertrauen der Bürger. Ich bin zutiefst schockiert...

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BotschafterSarek

"Sprich: Wer rechtskräftig freigesprochen wurde, soll nicht ständig befürchten müssen, dass ihm erneut der Prozess gemacht wird. Hier habe die Rechtssicherheit des Einzelnen, des Freigesprochenen ein höheres Gewicht als der Anspruch des Staates auf Strafverfolgung."

Und genau das darf nicht sein. Wenn individuelle Rechte verhindern, dass Mörder hinter Gitter kommen, dann müssen sie überdacht und eingeschränkt werden. Der Anspruch des Staates auf Strafverfolgung ist ja nicht nur ein Anspruch des Staates, sondern repräsentiert den Anspruch der Gesellschaft auf Gerechtigkeit und auf Schutz vor Straftaten - auch durch Abschreckung durch konsequente Strafverfolgung und Verurteilung von Tätern. 

falsa demonstratio

"Es ist einfach nur gruselig wie die Gesetzgeber hier entschieden haben."

Der Gesetzgeber hat doch erst die Möglichkeit einer Wiederaufnahme zuungusten des Freisgesprochenen eröffnet.

Gerade das  hat  vor dem BVerfG nicht gehalten.

Coachcoach

Verdächtige sind nicht schuldig.

Neutrale Stimme

Wie Sie bereits angemerkt haben, schreitet die forensische Wissenschaft voran. Moeglicherweise ist es an der Zeit, solche veralteten Gesetze zu ueberarbeiten, da wir heute mithilfe von DNA-Analysen in nahezu 100% der Faelle Verbrechen nachweisen koennen.

rolato

Ich kann hier nicht erkennen wo gruselig und vertrauenszerstörend entschieden wurde. Wäre er damals nicht erst verurteilt worden und anschließend Freispruch, würde er jetzt angeklagt werden. Der Staat hat nach demokratischen grundgesetztkonformen Werten entschieden, ob es uns passt oder nicht. Moralisch mag man das anders empfinden. Damals hatte man noch nicht die Möglichkeiten mittels DNA Analyse. Viele Verbrechen blieben früher unendeckt und die Täter haben es mit ins Grab genommen.

Vaddern

„Das deutsche täterorientierte Strafrecht…“ 

Sie sehen hier zu einseitig. Wenn, dann müsste es lauten „Das deutsche angeklagtenorientierte Strafrecht…“ Denn es geht vornehmlich um den Schutz der Menschen, die zu unrecht angeklagt wurden. 

Adeo60

Der Gesetzgeber hat ja nun ganz im Sinne des Opfers der Gewalttat entschieden, eine Entscheidung, die nun das BVerfG aus verfassungsrechtlichen Gründen gekippt hat.

Man kann das Urteil nachvollziehen. Andernfalls würde jeder Freispruch in einem Mordprozess quasi unter dem Vorbehalt neuer entscheidungserheblicher Beweismittel ergehen, also ein Freispruch 2. Klasse sein.

Die Richter haben also abgewogen und dem Rechtsfrieden den Vorrang eingeräumt, wohlwissend das damit der Opferschutz und die Gerechtigkeit ein Stück weit auf der Strecke bleiben.

Möbius

„… Opferschutz und die Gerechtigkeit ein Stück weit auf der Strecke bleiben …“

 

Schön, das Sie das eingesehen haben. Was ist wohl Ihrer Meinung nach das höhere Rechtsgut:

 

Die Gesichtswahrung der Justiz oder der Anspruch der Opfer auf Wahrheitsfindung und Sühne des Täters ? 

Humanokrat

Wenn die erneute Anklage sich auf solche Fälle beschränken sollte, wo die neue Beweislage unzweifelhaft eindeutig wäre und dies vorab zum Kriterium für die erneute Anklage gemacht würde - so habe ich das Gesetz verstanden - dann verstehe ich das Urteil nicht. Denn dann sprechen wir über die Rechtssicherheit von zu Unrecht freigesprochenen Straftätern. Ein eher zweifelhaftes Rechtsgut. 

Wer unschuldig ist und freigesprochen wurde bräuchte ein solches Verfahren ja nicht zu fürchten. 

Andererseits möchte man evtl. wohl verhindern, dass in allen möglichen Freisprüchen noch jahrelang herumgestochert und daherspekuliert wird, ob da doch noch Beweise auftauchen. Das wäre allerdings ein ziemlich großer Kollateralschaden. 

Bin ich froh, in einem Rechtsstaat zu leben, in dem dies die strittigen Fragen sind und nicht der Rechtsstaat selber. 

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Coachcoach

Das wäre kein Kollateralschaden, das wäre der Untergang des Rechtsstaates.

HilliBilli70

Warum denn das? Es geht nicht um einen Falschparker. Das ganze betraf nur Straftaten, die nicht verjähren, zum Beispiel Mord oder Völkermord…

Warum wäre der Restart am Ende, wenn ein Mörder nach einem falschen Freispruch für seine Tat zur Rechenschaft gezogen wird?

Außerdem ging es ja gar nicht um eine Verurteilung, sondern eine erneute Anklage mit neuen Beweisen, die es damals noch nicht gab.

Schneeflocke ❄️

"Wer unschuldig ist und freigesprochen wurde bräuchte ein solches Verfahren ja nicht zu fürchten."

 

Eben!

jaja...

Und wo ist Schluss?
Wenn Sie in einer Angelegenheit, in der Sie unschuldig sind, dann zum x-ten Mal vorm Richter stehen und Jahre Ihres Lebens und noch viel mehr verloren haben, können wir ja darauf nochmal zurückkommen.
Populismus hilft da auch nicht weiter.

Vaddern

Ich wollte gerade zu einem Beitrag ausholen, da sehe ich, dass Sie mir die Arbeit abgenommen haben. Ich sehe es nämlich so wie Sie. 

Die allgemeine Verhinderung, einen Prozeß gegen einen Angeklagten erneut aufzunehmen, kann auch die Möglichkeit für die Angehörigen der Opfer sein, einen Abschluss zu finden. So seltsam es klingt. Andererseits windet sich unter Umständen ein ganzes Leben lang um dieses Thema. 

Parsec

" ...zu Unrecht freigesprochenen Straftätern..."

So ist es. Durch das Urteil wurde hier Recht im Unrecht gesprochen; ein Nogo und aus meiner Sicht.

koala150

Unfassbar!!!

Das hat nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun. Warum soll ein Mörder ein Leben lang davor geschützt werden, verurteilt zu werden? Jeder, der einen anderen zu Tode gebracht hat, muss damit leben müssen, dass er eines Tages doch dran gekriegt wird. Wäre man ihm heute erst auf die Spur gekommen, dann wäre er wahrscheinlich verurteilt worden. Nur weil es damals die technischen Möglichkeiten noch nicht gab, kann es doch nicht sein, dass ein Mörder deswegen straffrei ausgeht und somit praktisch als unschuldig gilt.

Ich kann die Unerträglichkeit dieser Entscheidung für die Familie gut nachvollziehen. Ich wünsche Ihnen, dass sie die Kraft finden, den Fall noch zum EGMR zu bringen. Auch wenn zwar die Aussichten dort auch nicht allzu groß sein dürften, könnte der Fall dann wenigstens vielleicht einen Anstoß geben, dass das Thema dann auf europäischer Ebene diskutiert wird.

 

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artist22

"Unfassbar!!!" ist ihre mangelnde Kenntnis unseres Rechtssystems.

Der EUGH hat hiermit nichts zu tun, da es ein internes deutsches Gesetz ist, das keinerlei Nachprüfung zulässt.

Es sei denn sie unterstellen, das BverfG hätte EURO-Gesetze hiermit verletzt, was nicht zutrifft.

Parsec

Welcher EUGH?

Wir sprechen vom BVerfG!

Ihre Wortwahl zeigt wenig Bereitschaft, einen Schritt weiter zu denken. Unfassbar!!! 

artist22

Sie sollten schon lesen, worauf ich antwortete: auf koala150

Dann hätten sie auch gecheckt, das der Zitierte es zum EGMR bringen wollte. 

Unfassbar ist, das man heutzutage Fipptähler nicht mehr erkennt, aber lospoltert ;-) 

koala150

Antwort ChatGPT:

In der Europäischen Union (EU) steht der Europäische Gerichtshof (EuGH) über dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Deutschland. Der Europäische Gerichtshof ist das höchste Gericht der EU und hat die Aufgabe, das EU-Recht auszulegen

koala150

Kann sein, dass der EGMR hier vielleicht nicht die richtige Adresse wäre, aber dann vielleicht der EuGH. Es gibt immer eine Gerichtsbarkeit, die über dem BVerfG steht.

artist22

Aber nicht in Fragen der deutschen Strafprozessordnung.

Möbius

Der EuGH sollte angerufen werden und das BVerfG Urteil kassiert werden. Oder  alternativ sollte der Bundestag das GG ändern, der Fall dem BVerfG erneut vorgelegt werden../ 

werner1955

Das hat nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun?
Wenn das höchste gericht recht spricht "im Namen des Volkes"  ist das Rechtsstaat in seine besten Form. 

Account gelöscht

Ich halte das Urteil für falsch.

Eine Frage der Fairneß wäre das gewesen. Schließlich kann sich ein Verurteilter auch unbegrenzt oft und lange für die Wiederaufnahme seines Verfahrens einsetzen, und wenn Aussicht auf Erfolg besteht, wird dem dann auch stattgegeben. Warum also sollte die Staatsanwalt bei einem Freispruch diese Möglichkeit nicht haben? Der Rechtssicherheit des Angeklagten muss auch die Rechtssicherheit der Strafverfolgungsbehörden gegenüber stehen.

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proehi

Ich bin in diesem Fall zwiespältig.

Die Rechtssicherheit eines Einzelnen lässt sich nicht mit einem gleichen Bedürfnis einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bewerten. Obwohl mir nicht alle Zusammenhänge klar sind, scheint mir diese Rechtssicherheit ein sehr hohes Gut zu sein.

Wir müssen wohl mit einem vermeintlichen Fehlurteil zu Gunsten eines Angeklagten leben können, umgekehrt hingegen nicht. Ja, ich verstehe, dass das für die Opfer und deren Angehörigen einen Abschluß sehr erschwert.

Account gelöscht

Ich gebe Ihnen teilweise recht. Aber wir leben ja schon mit möglichen Fehlurteilen zugunsten derjenigen Angeklagten, die kein zweites Mal verfolgt werden, dagegen hat wohl auch kaum jemand was.

jaja...

Als Unschuldiger möchte ich allerdings nicht, wer weiß wie lange, mein Leben von den Strafverfolgern ruinieren lassen. Und ich bin auch nicht der Meinung, dass den Ermittlungsbehörden eine solche Einladung zur Willkür zusteht. Das wäre das Ende der Rechtssicherheit, die die Strafverfolgung durchaus hat. Die Ermittlungsbehörden haben versagt, nicht das Grundgesetz.
Auf eine Aneinanderreihung von Prozessen, weil es immer wieder neue Beweise gibt, die unbedingt gewürdigt werden müssen, kann ich gut verzichten. Auch wenn es die Populisten hier im Forum gerne so hätten.

reinbolt48

Im Grunde sollten alle Polizeibehörden ihre tausende Akten zu alten Fällen wegwerfen - "Cold Case" ist nach diesem Fehlurteil nicht mehr möglich - die, warum auch immer, freigesprochenen Täter können sich freuen ...

Aber man kann diese für Opfer und Kommissare unerträgliche Situation einfach lösen: Einfach den 
§103 ändern in ein modernes, der aktuellen wiss. fundierten kriminellen Analyse entsprechendes Gesetz!
Wenn sich Wissenschaft und (mittelalterliches) Recht/Justiz widersprechen, muss die Wissenschaft gewinnen, zugunsten der Opfer, ihrer Angehörigen, der Polizei - und der Unschuldigen!

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Coachcoach

Cold Case ist was anderes.

Vaddern

Das ist nicht richtig, aber das wissen Sie sicher. Ein bislang nicht Angeklagter kann schließlich bei neuer Beweis- oder Sachlage oder neuen Ermittlungsmethoden jederzeit angeklagt werden, wenn es für ihn das erste Mal in diesem Fall ist. 

psychotrauma

Dieses Urteil ist ein Schlag ins Gesicht aller Wahrheit Suchenden, insbesondere ins Gesicht aller Wahrheit suchenden Opfer, aber auch in das von Wahrheit ermittelnden Personen. Wieder einmal steht Täterschutz vor Opferschutz. Es geht doch auch darum, potentielle weitere Opfer eines Täters zu verhindern.  

BotschafterSarek

Das Urteil des Bundesdverfassungsgerichts ist sehr unbefriedigend und muss zu politischen Konsequenzen führen. Wenn das Grundgesetz die Verurteilung eines erwiesenen Mörders verhindert, dann muss es geändert werden. Gerechtigkeit muss höher stehen als die Rechtssicherheit eines Freispruchs aus Mangel an (zu dem Zeitpunkt bekannten) Beweisen. 

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harpdart

Stimme Ihnen zu. Eine Änderung des GG ist hier dringend geboten. Der Paragraph ist nicht mehr zeitgemäß. Die Ermittlungsbehörden haben heutzutage Möglichkeiten, die es damals noch nicht gab. Es gab in den letzten Jahren einige Fälle, in denen Tatverdächtige doch noch vor Gericht gestellt wurden aufgrund von DNA-Spuren, die früher halt nicht möglich war, weshalb sie damals nicht angeklagt wurden. Wenn das geht, dann muß ein Neuverhandlung gegen ehemals Freigesprochene ebenfalls möglich sein.

Coachcoach

Wer ist denn erwisener Mörder? 

Im Artikel wird keiner genannt, ich kenne auch keinen.

odiug

Bis auf Mordverdacht sehe ich das als eine richtige Entscheidung an. Mordverdacht muss allerdings immer nachgegangen werden, Mord selbst verjährt ja nicht, aber die Strafverfolgung dazu darf auch nicht eingeschränkt werden. Immerhin verbessern sich die Techniken immer mehr und liefern dann Ergebnisse, die beim ersten Prozess nicht vorhanden waren.

Nettie

Dogmen sollten nicht dem angemessenen Umgang mit nachweisbaren Fakten und damit der Gerechtigkeit und dem gesellschaftlichen Frieden im Wege stehen können.

Wenn sie bei schwersten Verbrechen, zu denen erst im Nachhinein unabweisbare Beweise zutage treten, die keine Zweifel zulassen und somit die Basis, auf der ein Urteil gefällt wurde einstürzen lassen verhindern, dass dass ein Urteil korrigiert bzw. dem nachträglich offenbar gewordenen tatsächlichen Sachverhalt bzw. der Faktenlage angepasst werden kann, ist aus meiner Sicht gerade das eine Gefahr für den Rechtsfrieden.

Ich teile deshalb die Ansicht des Richter Peter Müller und der Richterin Christine Langenfeld, dass in solchen Fällen ein zweiter Prozess im Prinzip möglich und ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig sein sollte.

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Coachcoach

Das würde - gerade bei der deutschen Rechts- und Polizeigeschichte - zu immer stärkerer Verfolgung führen.

falsa demonstratio

"Wer unschuldig ist und freigesprochen wurde bräuchte ein solches Verfahren ja nicht zu fürchten. "

Wie erklären Sie sich die vielen Fehlurteile, bis hin zu einem Todesurteil.

Ich bin erfahren, aber ich möchte nicht unschuldig vor einem Strafgericht stehen. 

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Account gelöscht

Wer möchte das schon? Aber zum Rechtsfrieden allgemein in der ganzen Gesellschaft gehört doch auch das Vertrauen in die Justiz, und somit das Vertrauen, dass Unschuldige nicht verurteilt werden (auch wenn das manchmal doch geschieht).

Ich habe noch nie vor dem Strafrichter gestanden (außer mit 16 wegen Schwarzfahrens, und zwar zu Recht). Sollte ich aber fälschlich eines Verbrechens beschuldigt werden, dann hätte ich keine Angst, "reingelegt" zu werden, sondern würde mich dem Verfahren voller Zuversicht stellen.

Adeo60

Aber als potentieller Mörder und Vergewaltiger in der Öffentlichkeit zu stehen ist auch keine gute Alternative.

falsa demonstratio

"Im Grunde sollten alle Polizeibehörden ihre tausende Akten zu alten Fällen wegwerfen - "Cold Case" ist nach diesem Fehlurteil nicht mehr möglich - die, warum auch immer, freigesprochenen Täter können sich freuen ..."

Cold-case-Ermittlungen richten sich nicht gegen Freigesprochene , sondern gegen unerkannt gebliebene Täter.

koala150

Dass jemand nach Art. 103 III GG nicht zweimal für dieselbe Tat bestraft werden darf, ist logisch und rechtssaatlich auch nachvollziehbar. Dort steht aber nicht, dass man nicht trotzdem zweimal angeklagt werden kann (grade bei Kapitalverbrechen), denn schließlich ist der mutmaßliche Täter beim ersten Mal ja nicht bestraft worden. Vermutlich sogar noch entschädigt worden für die U-Haft. 

"Die Justiz ist für die Menschen da", steht in großen Lettern auf den Internetseiten des Bay. Justizministeriums. Wenn dem so wäre, dann sollten die Gesetze auch so angewendet werden, wie sie der durchschnittliche Empfängerhorizont versteht, und nicht, wie vorliegend wieder mal, da etwas hineininterpretiert werden, was da gar nicht steht. Denn dann wäre die Justiz eben nicht für die "normalen" Menschen da, sondern nur für die Juristen. 

 

Linkseinbiegen-Statt-Rückwärtsfahren

In dieser Frage ist das Grundgesetz veraltet, weil es nicht berücksichtigt, dass die Entwicklung der Gentechnik es heutzutage erlaubt, anhand von DNA-Spuren einen Mörder zu überführen 

Dass dies einmal möglich sein wird, konnte man beim Verfassen des Artikel 103 des GG nicht wissen.

Weil ein Mord nicht verjährt, sollte dieser Artikel des GG geändert werden für Fälle wie diesen.

Denn mit Hilfe der genetischen Untersuchung hätte man den Freigesprochenen nun des Mordes überführen können. 

Es würde zur Rechtsicherheit enorm beitragen, wenn das BVerfG die Verfassungsbeschwerde abgelehnt hätte.

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Möbius

Volle Zustimmung. Eine Änderung des GG hätte das nun erfolgte Fehlurteil des BVerfG vermieden. 

 

Ich hoffe, das bald eine 2/3 Mehrheit im Bundestag eine Reform beschließt. 

 

Dies ist ein „schwarzer Tag“ für die bundesdeutsche Justiz. 

Robert Wypchlo

Dieses Gerichtsurteil wird zu keinerlei Zufriedenheit führen. Es ist schlimmer noch ein gefährliches Vorbild für ähnlich gelagerte Freisprüche von möglichen Tätern, die später als Täter sich herausstellen.

ProfessorKompressor

Guten Tag sehr geehrte Teilnehmende,

Ich würde gerne zur Diskussion stellen, ob es nicht möglich wäre, die nun abgeschaffte einfachgesetzliche Lösung in unsere Verfassung zu schreiben. Also, dass von verfassungswegen die mehrfache Verfolgung von Mördern und Kriegsverbrechern organisiert werden könnte?

Eine Idee wäre doch, wenn man in einen 4. Absatz in Art. 103 GG als Ausnahmetatbestand klipp und klar formuliert: "Absatz 3 gilt nicht für Mord und Kriegsverbrechen."

Dann wäre das BVerfG daran gebunden. Man könnte auch mal eine Volksabstimmung dazu durchführen. Vielleicht gingen dann Parlament und Bevölkerung Hand in Hand.

Ich träume zu viel :(

Möbius

Gibt es eigentlich auch die Möglichkeit Entscheidungen des Verfassungsgerichts wegen offensichtlicher Fehlurteile zu revidieren ? 

Eine Rechtsprechung MUSS berücksichtigen das es Fehlurteile gibt, sonst verkommt sie zur Willkür. 

Nur unter großen Schmerzen und nur dank des jahrelangen Kampfes seiner Unterstützer war die bayerische Justiz gezwungen, Gustl Mollath freizusprechen - nach 7 Jahren unschuldig in der geschlossenen Psychiatrie ! Spätestens dann hätte eine Justizreform angestanden. 

Im vorliegenden Fall geht es darum das AUCH Freisprüche Fehlurteile sein können! 

Nur um den „Rechtsfrieden“ (also das „Gesicht“ der Justiz) zu wahren wurde vom Bundesverfassungsgericht nun so entschieden. Ein mutmaßlicher Mörder läuft frei und unbestraft herum. 

Was heißt das nun für die Rechtspflege ? Sollen jetzt Staatsanwaltschaften zukünftig besser auf Anklagen verzichten bis die Beweislage eine Verurteilung sicher erscheinen lässt ? 

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Adeo60

Unser Rechtssystem beinhaltet den fundamentalen Grundsatz der Unschulsvermutung. Wenn Sie also von einem "mutmaßlichen Mörder" sprechen, dann machen Sie sich strafbar. Sie können dies denken - so wie ich, aber nicht damit hausieren gehen.

Aber genau aus Ihrer Motivation heraus wird der Beschwerdeführer nicht ungestraft aus dem Verfahren herauskommen. Gedanken sind frei und er wird sicherlich die Blicke seiner Mitmenschen spüren. Ein Gerichtsverfahren hätte ihm die Möglichkeit geboten, dies zu vermeiden.

Die Problematik in solchen Fällen wäre, dass bei Mordverfahren quasi ein Freispruch unter Vorbehalt ergehen müsste. Ein Unschuldiger müsste nicht nur einen neuen Prozess fürchten, sondern auch mit einem Freispruch 2. Klasse leben.

Die Sach-und Rechtslage ist bei weitem nicht so einfach, wie Sie es darzustellen versuchen.

artist22

"Die Sach-und Rechtslage ist bei weitem nicht so einfach, wie Sie es darzustellen versuchen."

Jedenfalls bei uns nicht ;-)

harpdart

"Nur um den „Rechtsfrieden“ (also das „Gesicht“ der Justiz) zu wahren wurde vom Bundesverfassungsgericht nun so entschieden. Ein mutmaßlicher Mörder läuft frei und unbestraft herum. "

Das ist falsch. Er wurde nicht verurteilt. Es soll neue Beweise geben, aber woher wollen Sie wissen, dass diese zu einer Verurteilung geführt hätten?

Parsec

Hier wurde Recht im Unrecht gesprochen!

Entweder haben die Verfassungsrichter m.E.   schwerwiegende handwerkliche Fehler gemacht, oder die Politik ist jetzt gefordert, den entsprechenden Passus im Grundgesetz noch einmal genau zu überprüfen.

Gassi

Ein Mörder kommt ungeschoren davon? Das soll Rechtsfrieden sein? Das ist genau so blöd wie das ein Harry Wörtz jahrzehntelang für eine Wiederaufnahme kämpfen musste, um (zu Recht) freizukommen. Oder ein Gustl Mollath, oder viele andere. Wenn neue Beweise plausibel sind, dann MUSS neu verhandet werden - in beide Richtungen. Rechtsfrieden hin oder her. Prüft die Beweise doppelt, von mir aus auch von 3. Stelle her und DANN entscheidet sich der Gang der Dinge. Nicht wegen abstrakter Regulierungen, die den Normalbürger nicht nachvollziehen kann. Ich achte gewöhnlich die Urteile dieses Gerichts, aber da haben die Richter der Judikative einen Bärendienst erwiesen!

Parsec

"... muss man die Verfassung ändern.... "

Ich weiß.

Und hier wurde Recht im Unrecht gesprochen.

Insofern den Richtern des BVerfG keine handwerklichen Fehler unterlaufen sind, müsste nun das GG, sprich die Verfassung in diesem Punkt korrigiert werden.

Warum sollte man wegen eines Justizirrtums wegen Mangel an Beweisen Mörder frei rumlaufen lassen? 

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Möbius

Ganz genau! Volle Zustimmung heute zu Ihrem Post. 

Juri Gerasimenko

Das ist Recht. Ob es uns gefält oder nicht. Immerhin dürfen wir frei unsere Meinung äußern. Recht ist aber immer das, was das oberste Gericht spricht.

Möbius

Zum Verständnis: 

 

Angeklagte können in Deutschland aus ZWEI Gründen freigesprochen werden. 

 

1. Aus Mangel an Beweisen

(Wie im vorliegenden Fall) 

2. wegen erwiesener Unschuld

 

Die Behauptung der Gegner der Reform, das Freisprüche ihre Gültigkeit verlören, wenn eine Revision von fehlgeurteiltem Freispruch zulässig wäre, betrifft nur den 1. Fall. Hier hat das Verfassungsgericht eine nötige Differenzierung versäumt. 

 

Außerdem werfe ich dem zuständigen Senat vor, bei der Abwägung der Rechtsgüter nur die Glaubwürdigkeit der Justiz selbst - nicht aber den Berechtigten Anspruch der Opfer auf Wahrheitsfindung und Bestrafung der Schuldigen Genüge getan zu haben. Dies ist eines Rechtsstaates unwürdig und falsch. 

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Adeo60

Der Senat hat es sich nicht leicht gemacht, immerhin gab es zwei von sechs Richterstimmen, die gegenteiliger Ansicht waren. Das BVerfG hat strikt nach den Vorgaben der Verfassung entschieden und damit im Sinne des Rechtsstaats gehandelt. Vielleicht muss man sich, auch wenn es schwerfällt, eingestehen, dass irgendwann  auch dem Rechtsstaat Grenzen gesetzt sind. Täter versterben oder sind irgendwann nicht mehr verhandlungsfähig, Schlimm auch die Missbrauchstatbestände durch katholische Priester. Aber wollen Sie deshalb allen Ernstes behaupten, Deutschland sei kein Rechtsstaat...? Eine solche Unterstellung ist infam und erkennbar politisch motiviert. 

 

pwg51

Richtig ist, niemand darf für ein Vergehen mehrfach bestraft werden.

Heisst aber eigentlich doch nicht, das man nicht mehrfach angeklagt werden darf.

Uli Parche

Auch das BVerfG ist an das GG gebunden.  Es legt die Verfassung aus und schreibt sie nicht. Alles andere würde dem Demokratieprinzip, der Rechtstaatlichkeit und der Gewaltenteilung widersprechen. Entstehungsgeschichte UND Wortlaut des Art. 103 sind eindeutig. Wer also das Urteil für unerträglich hält muss Mehrheiten für eine Änderung der Verfassung, namentlich Art. 103 , suchen.  Und es dann auch umsetzen. 

Questia

Zweierlei - 

A) Jemand, der rechtskräftig verurteilt wurde, kann eine Wiederaufnahme beantragen, wenn neue Beweise auftauchen, die die Unschuld belegen könnten.

B) Jemand, der rechtskräftig frei gesprochen wurde, "... sollten nicht mit dem Risiko eines "falschen Freispruchs" leben müssen." (Q: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/verfassungsgericht-freispruch-r…)

Jemand, der "falsch freigesprochen" wurde, sollte m.E. genau das: Fürchten, für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Denn mit seiner Tat, ist er das Risiko einer Verurteilung eingegangen.

Jmd., der wirklich unschuldig ist, muss nicht mit dem Risiko eine falschen Freispruchs leben.

Diese Ungleichbehandlung zwischen A) und B)...

Jetzt werde ich wahrscheinlich wieder bezichtigt, eine seltsame bis falsche Vorstellung eines Rechtsstaats zu haben.

Ich hoffe, dass es noch die Bemühung geben wird, ein besser ausgefeiltes Gesetz zu erlassen, das vor dem BVerfG besteht.

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Account gelöscht

Genau SO sehe ich das auch !

artist22

"Ich hoffe, dass es noch die Bemühung geben wird, ein besser ausgefeiltes Gesetz zu erlassen, das vor dem BVerfG besteht."

Das dürfte nicht so einfach sein. Denn selbst meine Idee mit noch härteren Auflagen für Wiederaufnahmen im Hinblick auf neue Technik (u.a) könnte mit Grundsatz: Keine Strafe ohne Gesetz kollidieren.

Denn das wäre es ggf. nämlich eine Bestrafungsmöglichkeit auf Vorrat 

 

gelassenbleiben

Schwierig, sehr schwierig. Ich habe heute morgen zum ersten Mal von dem Fall gehört, bevor das Urteil gesprochen wurde. Die Berichterstattung ging in die Richtung, das wohl ein neues Verfahren erlaubt wird. Das erscheint aus eigenem Rechtsempfinden und Empathie für die Angehörigen des Opfers auch plausibel. Aber ist sehr schwierig. Die Grundsatzentscheidung hätte ja nicht nur für die neuen wissenschaftlichen Methoden gegolten, sondern auch dann, wenn ein Zeuge sich plötzlich neu oder anders erinnern würde. Wer garantiert im Zweifelsfall, dass nicht  jemandem so oft der Prozess gemacht werden kann, bis sich schliesslich mal ein Gericht (und zugegeben auch höhere Distanzen) oder ein Zeuge findet, welches in einen Schuldspruch resultiert?