Ein LKW passiert die Grenze bei Bab al-Salameh.

Ihre Meinung zu Syrien nach Assad: Armut, Gewalt - doch die Hoffnung bleibt

Übergangspräsident al-Scharaa betont, das neue Syrien solle ein Land für alle Volksgruppen und Minderheiten sein. Doch wie geht es den Menschen in dem Land nach dem Sturz Assads? Von Anna Osius.

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106 Kommentare

Kommentare

Nettie

"Noch sind Aufschwung und Wirtschaftsboom nicht mehr als große Hoffnungen, denn die Realität der Syrerinnen und Syrer hat mit Wohlstand meist nichts zu tun."

Allein dass sie sich jetzt frei bewegen und frei reden können ist schon der größte Grund für diese Hoffnung. Es gilt jetzt unbedingt zu verhindern, dass die Hoffnung auf wirtschaftliche Freiheit bzw. Unabhängigkeit wieder einmal von einschlägiger Seite ausgenutzt wird, um aus ihnen für eigene, egoistische Interessen Kapital zu schlagen (nicht nur 'politisches'). 

"Die Vereinten Nationen mahnen: Ein Großteil der Bevölkerung lebt nach wie vor unterhalb der Armutsgrenze, also von weniger als zwei Dollar am Tag."16,5 Millionen SyrerInnen brauchen humanitäre Hilfe", so die UN-Behörde für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten".

Sonst würde die Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung, der nicht zuletzt von einer prosperierenden Gemeinwirtschaft abhängt gleich wieder zunichte gemacht. Und damit auch die auf dauerhaften Frieden.

MehrheitsBürger

Einen im Volk verhassten Diktator zu stürzen ist das eine - ein Land gut regieren das andere

Diese Lektion müssen die neuen Machthaber schnell lernen. 

Da es keine Regierung gibt, die aus einer gut organisierten Zentrale alle staatlichen Entscheidungen treffen und auch wirkungsvoll umsetzen kann, bleiben die vielen bewaffneten Kräfte im Land ein schwer kalkulierbares Risiko. 

Die neue syrische Regierung muss vieles auf einmal stemmen:

- zur einer allseits akzeptierten Verfassung mit rechtsaatlichen  Prinzipien kommen

- Sicherheitsorgane und -strukturen aufbauen, welche Sicherheit durchsetzen können

- eine wirtschaftliche Entwicklung anstoßen, welche die Versorgung der Bevölkerung sicherstellt

 

Der Übergangspräsident al-Scharaa braucht Unterstützung und Verbündete in der demokratischen Weltgemeinschaft. Die bekommt er, wenn er sich autokratischen Versuchungen widersetzt.

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werner1955

wenn er sich autokratischen Versuchungen widersetzt.

Bis jetzt ist er selber noch "autokratisch". 

Opa Klaus

Gebe Ihnen da absolut recht. Wenn alleine die EU Staaten, welche hunderte Milliarden in Waffen investieren, stattdessen das Geld verwenden würden, um dem syrischen Volk zu helfen, wäre das eine humanitäre Aktion, welche ich begrüßen würde. 

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Nettie

„Wenn alleine die EU Staaten, welche hunderte Milliarden in Waffen investieren“

Glauben Sie etwa, das täten nur die? Und haben Sie sich schon einmal gefragt, warum sie das gerade jetzt tun?

Anita L.

Die DDR-Bürger_innen hatten wirklich großes Glück, dass die Revolution in ihrem Land friedlich verlief und die Nachrevolutionszeit nicht im Chaos versank. Dass dem auch auf europäischen Boden nicht so immer so lief, zeigt zum Beispiel die Französische Revolution, aber auch die Bauernaufstände nach der Kirchenreform. Gerade wenn die Revolutionäre sich über die Zeit nach dem erhofften Sturz noch keine Gedanken gemacht haben, zum Beispiel weil sie auch untereinander viel zu verschiedene Interessen haben, ist die Gefahr, dass das Machtvakuum Chaos und Gewalt hervorbringt, groß.

Ich wünsche den Syrerinnen und Syrern von ganzem Herzen, dass sie den Transformationsprozess schaffen und gemeinsam wie gestärkt als rechtsstaatliche Instanz darau  hervorgehen. 

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werner1955

und gemeinsam?
Das würde dann nur ohne alle Religion möglich sein. 

Opa Klaus

Absolute Zustimmung meinerseits. Allerdings sollten wir nicht in Traumwelten fallen und denken, dass es in Syrien jemals eine Demokratie nach deutschen Verhältnissen geben wird. Ihren Wünschen schließe ich mich selbstredend an..

Lucinda_in_tenebris

Die Preisfrage ist wohl, ob Al-Scharaa bloß ein gewiefter Schauspieler ist oder sich tatsächlich vom IS-Terroristen zum moderaten, wenn auch konservativ-islamischen, Politiker gewandelt hat.

Einiges spricht für letzteres, denn nur so wird es ihm gelingen, seine Politik durchzusetzen.  Es muss doch möglich sein, dass auch die Islamisten begrreifen, dass Koexistenz möglich ist.

Für Europa könnte sich Syrien zum Modelstaat entwickeln, der die EU enorm entlasten würde.

Meiner Ansicht nach ist es aber Erdogan, der hier entscheidenen Einfluss hat.

 

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Malefiz

Wie kommen Sie darauf, daß für Europa könnte Syrien sich zum Modelstaat entwickeln könnte, der die EU enorm entlasten würde? Was meinen Sie genau damit?

fa66

»zum Modelstaat entwickeln«

Vielleicht ist es figurativ gemeint.
Ein Model ist eine Pressform für Teig und Gebäck. So könnte Syrien zum Muster für andere multiethnische Staaten werden, die sich ebenso erst noch finden müssen. 

watchcat

Er war nie IS. Er war Al-Nusra und eng mit Al Kaida. Hat sich ja gerade mit Al Kaida überworfen, weil er sich nicht mit dem IS vereinigen wollte.

Wer ihn finanziert hat ist eine andere Frage.

UnPoLo

"Am Ende kommen Touristen" (Filmtitel).

Es wird seit Kriegsende bis heute ein Geschacher geben, wer die Kontrolle über Syrien übernimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, das Wladimir Putin einfach seine Ansprüche abtritt und auf Einfluss verzichtet.

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Opa Klaus

Welche Ansprüche hat denn Vladimir Putin in Syrien? Die Ölfelder und wichtige Häfen sind unter Kontrolle der USA. 

Quelle Wiki

schabernack

➢ Welche Ansprüche hat denn Vladimir Putin in Syrien? Die Ölfelder und wichtige Häfen sind unter Kontrolle der USA.

Unklar ist, was mit der Russische Marinebasis in Tartus ist.

Ebenso ist es mit dem Militärflughafen in Latakia.

Beide waren wichtig für Russland, die Marinebasis war deren einziger Zugang zum Mittelmeer.

Ein Tiefwasserhafen, auch geeignet zur Stationierung von Atom U-Booten.

Der Militärflughafen in Latakia war das Drehkreuz für Wladimirs diverse Afrika-Abenteuer.

Wo seine Schergen von Wagner-Söldnern ja u.a. Mali destabilisieren.

Russland - Beste Freunde wie immer und überall von Militärdiktatoren und staatlichen Mördern.

Glasbürger

Solange die Syrer nicht von sich, aus eigener Überzeugung an den Aufbau ihres Landes gehen und irgendwelche Anführer vorgesetzt bekommen,  wird das nichts. Es würde nur der Diktator von gestern gegen den von morgen getauscht. Die Leute müssen überzeugt sein,  daß der Wiederaufbau für sie und in ihrem Sinne ist. Dann läuft das auch . 

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Montag

Ich wünsche allen Syrerinnen und Syrern 
=> eine fähige, integre, vertrauenswürdige Regierung, 
=> die Bereitschaft aller relevanten Gruppierungen, konstruktiv zusammenzuarbeiten 
=> und einen raschen Übergang in eine gute und friedliche Zukunft.

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watchcat

Das wünscht man gern allen Menschen. Auch den Russen, den Amerikanern und den Europäern.

Nachfragerin

Welche Befreiung?

"'Jetzt, wo Syrien befreit ist, kehren wir zurück', erzählt er."

Genau genommen haben Islamisten die Macht übernommen. Für manche mag das eine Befreiung sein. Für andere fangen die Probleme erst an.

schabernack

➢ … und einen raschen Übergang in eine gute und friedliche Zukunft.

Syrien ist so zerstört, mehr zerstört nach dem langen Krieg, als es Deutschland und Japan nach WK II waren.

Seinerzeit bei diesen beiden Ländern endete der Kriegszustand mit Kapitulation, und dann wurde mit Wiederaufbau unter Schirmherrschaft einer Besatzungsmacht begonnen. In Syrien ist das alles anders. Viel schwieriger, viel fragiler. Mit weniger oder kaum staatlicher Ordnungsmacht.

Zu hoffen und zu wünschen ist Syrien bald Frieden, aber der Weg ist sehr lang, sehr schwierig, sehr teuer.

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Nettie

„Zu hoffen und zu wünschen ist Syrien bald Frieden,“

Der ist nicht nur Syrien zu wünschen.

„… aber der Weg ist sehr lang, sehr schwierig, sehr teuer.“

Teuer wird der nur, wenn er wegen der Macht des Geldes länger und schwieriger gemacht wird als unvermeidlich.

Malefiz

Warum diskutiert man da noch lange, entweder wird Syrien ein Staat mit einer für alle ordentlichen Staatsführung der dem Volk dienlich ist, oder ganz schlichtweg, Syrien bleibt so wie es immer schon unter Assad war oder es kann auch schlimmer werden. Aber das muß alles innerhalb Syrien geregelt werden. Wenn Syrien ernstgemeinte Hilfe und Unterstützung außerhalb Syrien sucht, dann wäre es begrüßenswert wenn Syrien sie bekommen würde! Aber keiner darf den ganzen Nahen Osten dabei nicht aus den Augen verlieren!

Nettie

„… doch die Hoffnung bleibt“

Hoffentlich wird sie diesmal nicht mehr unter einem Haufen Geld begraben.

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Kaneel

An dieser Stelle sehe ich weniger Geld als das Problem als das potentielle immaterielle Machtinteressen miteinander kollidieren.

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Jaydi Wenz

@ schabernack

Assad hat in Moskau - oder sonstwo in Russland - ein ungefährdetes und persönlich sicheres Leben. Assad hat hinter sich eine schützende Wand, vor der er nichts zu befürchten hat.

Wenn der Machthaber im Kreml wechselt, kann es sein, dass Assad ganz schnell ausgeliefert wird. Sicher können er und seine Familie sich nie sein. 

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schabernack

➢ Wenn der Machthaber im Kreml wechselt, kann es sein, dass Assad ganz schnell ausgeliefert wird. Sicher können er und seine Familie sich nie sein. 

Nun ja - wer kommt nach Putin?

Eher der völlig Verwirrte Medwedew - oder eher ein Demokrat …?

Jaydi Wenz

@sosprach

Wir haben jahrelang gelernt, dass Assad die Ausgeburt des Bösen ist, die sein Volk abschlachtet.

Nein umgekehrt, die Moskau treue PR hat uns Assad immer als das geringere Übel aufgeschwatzt. Die massenweise Folter und die ungezügelten Morde an den Kritikern der Diktatur sind erst nach dem Zusammenbruch des Zwangsregimes offenbar geworden.  

fa66

Dass sich die oppositionellen Gruppen zusammenraufen gegen Assad ist das Eine, wenn der aber erstmal weg ist, haben Kurden, Alawiten, Sunniten, Christen, Drusen und wie sich die Gruppen auch immer Definieren unterschiedliche Interessen und Animositäten untereinander.

Es scheint niemand auf die Idee zu kommen, beispielsweise eine föderative Struktur mit Minderheitenschutzmechanismen, Kultur- und Sprachenstatuten einzurichten. 

Dann kommen noch Türkei, Iraks und Irans dazwischen, die kaum einen sich von Syrien abspaltenden kurdischen Staat als Keimzelle für Gebietsansprüche dort haben werden wollen – und nicht Russland vergessen, die ihren Mittelmeerhafen nicht verlieren wollen.

Die Staatenstruktur aus französisch-britischer Protektoratszeit war von Anfang an auf Krawall konstruiert. Schon das Fehlen der Einrichtung eines Kurdistans nach dem 1. Weltkrieg war ein Fehler – vielleicht sogar ein gewollter, damit sich die Völker dort besser untereinander beschäftigen als gegen die Besatzer.

Jaydi Wenz

Für manche mag das eine Befreiung sein. Für andere fangen die Probleme erst an.

Die Probleme fangen nicht an, die sind fortlaufend da und sind zu lösen. Und andererseits ist der Zusammenbruch einer brutalen Diktatur immer eine Befreiung. 

Bernd Kevesligeti

Vor kurzem lag die Stadt Latakia unter Feuer der HTS-Miliz, dass ist die jetzt regierende Gruppe. Unter dem Vorwand des Schutzes von Minderheiten, legitimiert Israel die Besetzung von Teilen Syriens. Dabei geht es um die vom HTS belagerte von Drusen bewohnte Stadt Dscharamarana.

Nach Wahlen sieht es im Land auch nicht aus. Aber nach Oppositionsparteien auch nicht.

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