Ein Windrad vor einer Ortschaft auf der Schwäbischen Alb.

Ihre Meinung zu Bürgerbegehren: direkte Demokratie oder Blockadeinstrument?

Bürgerbegehren ermöglichen es Menschen, Einfluss auf konkrete Entscheidungen vor der eigenen Haustür zu nehmen. Das Problem: Sie können auch wichtige Investitionen für das Gemeinwohl ausbremsen. Von Thomas Falkner.

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135 Kommentare

Kommentare

Lucinda_in_tenebris

Sie können wichtige Entscheidungen ausgebeln und sich evtl. für das falsche entscheiden. Richtig, aber gelegentliche falsche Entscheidungen gehören dazu. Schließlich kann auch ohne Bürgerbegehren sich ein Bauvorhaben als falsch herausstellen. Der Bahnhof in Stuttgart kann da durchaus als Beispiel gelten.

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Klärungsbedarf

Schönes Beispiel: Wer soll da an einem Bürgerbegehren teilnehmen dürfen. Die Anwohner am Bahhnhof ? Die Stuttgarter ? Die Bahnreisenden. Sollen Stuttgarter bauten am Bahnhof verhindern dürfen, sehr wohl aber andere Bahnhöfe nutzen ? Ich finde, dass die Auswirkung von Bürgerbegehren sich auf Fälle beschränken muss, bei denen auch die Folgen nur lokal sind.

Lucinda_in_tenebris

Richtig, alles Fragen die geklärt werden müssen. Aber kein Mensch sagt, dass Bürger nur zwei Minuten Zeit haben sollten, um ihre Anliegen vorzubringen. Auch ein Bahnhof wird ja lange geplant etc.

Klärungsbedarf

Mal ein konkretes Beispiel: Müssten über die Aufstellung eines Windrads nicht alle deutschen Bürger entscheiden ? Es betrifft ja immerhin die bundesweite Energieversorgung und spart vielleicht CO2 ein.

De Paelzer

Klar dann wird sich für ein Windrad bei der Nachbargemeinde eingesetzt und vor der eigenen Haustür abgelehnt. Alle wollen ein Endlager aber nicht bei uns. Praktisch wo viele Eiwohner wohnen.

flegar

"Wer soll da an einem Bürgerbegehren teilnehmen dürfen."

Genau das Thema wurde von der Landesregierung clever aufgenommen. Normalerweise hätten nur die lokalen Bewohner, die unmittelbar betroffen waren, an einer Abstimmung teilnehmen dürfen. Nämlich die Stuttgarter. Es durften aber alle Baden-Württemberger abstimmen. Den Nicht-Stuttgartern war es völlig egal, was im "arroganten" Stuttgart für ein Verkehrschaos oder Zerstörung von Parkflächen verursacht wird.

Egleichhmalf

Da kann ich dem Unternehmen nur raten, gleich ins Ausland zu gehen. Und genau so kommt es dann ja auch regelmäßig. Und hier darf man sich dann zufrieden zurücklehnen, weil man sich mit dem Bürgerentscheid durchgesetzt hat. Alle sind glücklich … oder doch nicht?

Mass Effect

Ich komme aus Baden und wüsste nicht das ich da abstimmen durfte.

zöpfchen

Deutschland ist halt nicht die Schweiz. Die Bürger dort nutzen ihre Rechte nicht zum blockieren, sondern zum mit Verantwortlichen gestalten ihres Gemeinwesens. 
Der Schweiz geht es gut, Deutschland nicht. 

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Tom Özdemir

Die Schweizer sind keine besonderen Menschen uns keinen Deut besser oder schlechter als die Deutschen. Und sie nutzen ihre direkte Demokratie leider selbstverständlich auch, um partikulare Interessen gegen die Allgemeinheit zu verfolgen. Sie müssen noch viel lernen.

Bauer Tom

"Und sie nutzen ihre direkte Demokratie leider selbstverständlich auch, um partikulare Interessen gegen die Allgemeinheit zu verfolgen. Sie müssen noch viel lernen."

Das nennt man Demokratie. Es geht darum, was die Mehrheit will. Jedem Recht machen geht nicht. Das kann an auch nicht erzwingen.

 

TeddyWestside

Die Schweiz ist vor allem eins: wesentlich kleiner als Deutschland. 

Dazu gibt es noch zwei kulturelle Besonderheiten: Wilhelm Tell und die Identifizierung mit seiner Legende (mag heutzutage weniger wichtig sein, ist aber trotzdem in der Kultur verankert) und die Lage in einem natürlichen Grenzwall zwischen Nord- und Südeuropa. 

Vergleiche sind da naturgemäß schwierig. Beispiele: Bunker, Waffen im Privatbesitz.

artist22

"Die Bürger dort nutzen ihre Rechte nicht zum blockieren, sondern zum mit Verantwortlichen gestalten ihres Gemeinwesens. " Halte ich für ein Gerücht. Direkte Demokratie ist in kleinen, überschaubaren Bereichen (Schweiz!) durchaus sinnvoll. In Großstaaten bestenfalls nur lokal. Nicht ohne Grund gibt es die repräsentative Demokratie.

Selbstverständlichen müssen da Sicherungen gegen unfaire ggf. externe Falschspieler eingebaut sein.  

land_der_lemminge

Wer legt denn solche Sicherungen fest ?

Auch bei den „Sicherungen“ kann man kaum davon ausgehen, das zb Parteieninteressen komplett außen vor bleiben.

 

Hartmut der Lästige

Zum x. Mal schreibe ich hier, dass die repräsentative Demokratie - wie seit ca 2500 Jahren von Aristoteles bereits aufgezeigt wurde - erhebliche Nachteile hat. So wird der Bürger in der entscheidenden Frage Krieg oder Frieden bspw. gar nicht erst gefragt. Gerade auf lokaler Ebene sind Bürgerbegehren eher für das Gemeinwohl eher negativ. Wer will schon das Atommüllendlager, Kläranlage, ICE-Strecke oder auch nur ein Windrad  vor seiner Haustür haben. Hier werden lokale Einzelinteressen eindeutig überbewertet.

 

Tom Özdemir

Der Schweiz geht es gut, Deutschland nicht.

Blödsinn, Deutschland geht es auch gut. Nur hierzulande machen wir uns viel zu viel selbst schlecht. Wahrscheinlich gibt es das in der Schweiz auch, nur wir kriegen es nicht so hautnah mit. Die Deutschen gelten aber weltweit als sehr selbstzweiflerisch und sehr wenig selbstbewusst. So sagen es jedenfalls auch meine Verwandten in der Türkei.

AuroRa

In der Schweiz gibt es nahezu keinen Kündigungsschutz…. Muss man selbst sehen, wo man bleibt. Auch Mutterschutz, Elterngeld und so mancher Verbraucherschutz ist in Deutschland besser geregelt. 

Tom Özdemir

Wir kämpfen gerade um ein Bürgerbegehren für Windkraft, aber die etablierten bürgerlichen und populistischen Parteien in der Gemeindevertretung tun alles, um uns Steine in den Weg zu legen.

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John Koenig

Nun ist es ja aber oft so dass gerade bei den Themen Windräder , Stromtrassen und anderen erneuerbaren Energievorhaben gerade grüne Initiativen wie BUND oder auch NABU die größten Verhinderer mittels Bürgerbegehren sind .

Passend zum Motto Erneuerbare Energien ja , aber bitte nicht bei mir vorm Haus sondern beim Nachbarn .

Wiedersprüchlich wie so vieles im grünen Kosmos .

Bahnfahrerin

Das ist leider so. 
Das kann man auch sehr gut bei den Plänen der Bahn für eine Neubaustrecke zwischen Mannheim und Frankfurt verfolgen… Es will zwar jeder eine gute, schnelle und zuverlässige Ver-/Anbindung aber der Zug soll bitte nicht an der eigenen Gemeinde vorbei fahren. Und dann gibt’s auf den geplanten Streckemverläufen noch unter Schutz stehende Käfer etc. 

nettikette

Vielleicht weil Windkraftanlage nicht gleich Windkraftanlage ist...

Lucinda_in_tenebris

Das klassische Gegenargument gegen Direkt-Demokratische Entscheidungen ist der Informationsdefizit, die Anfälligkeit für demagogische  und das komplizierte Entscheidungsverfahren (Versammlungen, Wahlen etc).

Meiner Ansicht nach bietet das Internet aber großartige Chancen hier entsprechende Angebote zur Beteiligung zu machen. Themen werden vorgeschlagen und mit Infromationen der verschiedenen Positionen versehen, sowie eine digitale Debatte ermöglicht etc. etc.

Digitalisiert die Demokratie !!!

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Bauer Tom

"Das klassische Gegenargument gegen Direkt-Demokratische Entscheidungen ist der Informationsdefizit, die Anfälligkeit für demagogische  und das komplizierte Entscheidungsverfahren (Versammlungen, Wahlen etc)."

 

Mit anderen Worten: Wir wissen schon was wir machen. Ihr solltet euch daraushalten, da ihr das ja doch nicht versteht.

Tom Özdemir

Nein, im Gegenteil.

Lucinda_in_tenebris

Nein, dass ist mir zu pessimistisch gegenüber unserer Repräsentativen Demokratie, die ich für vernünftig halte.

Ich habe hier lediglich die klassischen Argumente innerhalb des Diskurses im Anschluss an Rousseau versucht wiederzugeben.

schabernack

➢ Mit anderen Worten: Wir wissen schon was wir machen. Ihr solltet euch da raushalten, da ihr das ja doch nicht versteht.

Direkte Demokratie ohne Quorum ist sinnlos.

Liegt das Quorum bei 50%, und 50,1% sagen NEIN, haben 25% der  Wahlberechtigten entschieden, was geschieht. Der große Traum der lauten Minderheit als Bestimmer oder Verhinderer. Schweiz hin, Schweiz her.

Da werden Volksbegehren mit bspw. 52% abgelehnt bei einer Wahlbeteiligung von 47% bei dieser Abstimmung. Voll demokratisch.

Kaneel

Vielleicht wäre es sinnvoller, wenn bei einem Bürgerbegehren mindestens 60 Prozent der Abstimmenden sich dafür aussprechen müssen.

artist22

"Meiner Ansicht nach bietet das Internet aber großartige Chancen" Leider aber zuerst für die Falschspieler. Der ewige Konflikt zwischen Freiheit und Kontrolle.

Lucinda_in_tenebris

Ich finde es darüberhinaus auch wichtig, dass sich Menschen auch in der "analogen" Welt begegnen. Menschliche Ironie z.B. ist manchmal nur im direkten Gespräch zu erkennen.

Aber dennoch: Das Medium Internet bietet eine menge Chancen der Beteiligung, die noch nicht ausgeschöpft sind.

Nach dem Wutbürger brauchen wir wieder den Mutbürger.

ich1961

So sehe ich das auch.

Und ganz schlimm kommt es, wenn dann noch diese omonösen Gefühle (ich fühle mich nicht mitgenommen, nicht verstanden usw.) da rein spielen.

 

CommanderData

Was soll noch schlimmer kommen?  Die Wählerschaft splittert bereits. 

Meine Erfahrung ist: Wer sich ernst genommen fühlt und für seine Entscheidungen Verantwortung zu spüren bekommt, überlegt und infomiert sich besser, bevor er handelt (wählt). 

Das mag ein Lernprozess sein, der manchmal wehtut, aber nur so wirkt man der Politikverdrossenheit und dem Gefühl "die machen da oben ja sowieso was sie wollen", entgegenwirken. 

So krasse Schnitzer wie manche Politiker sich leisten, können die von NOrmalbürgern gar nicht sein. 

Lucinda_in_tenebris

sehe ich auch so. Ich finde allerdings das Aufsplittern der Wähler gar nicht schlimm. Das zeigt halt, dass es viele Nuancen gibt und noch mehr Wege zu koalieren und Kompromisse einzugehen. Radikale und HArdliner sind hier eher im NAchteil, da sie meistens davon Leben Menschen an der Nase herumzuführen und sie nach Erhalt des Mandats wieder wie Stimmvieh zu behandeln.

das ding

So krasse Schnitzer wie manche Politiker sich leisten, können die von NOrmalbürgern gar nicht sein. 

Wie kommen Sie denn darauf? Lesen Sie mal hier im Forum...

Tom Özdemir

Digitalisiert die Demokratie !!!

Das passiert dann aber leicht so, wie mit der Abstimmung über die Sommer- und Winterzeit. Es haben weniger als 5% der Bevölkerung überhaupt mit abgestimmt, aber schwerpunktmäßig notorische Gegner der Zeitumstellung. Und so kam es zu einer fragwürdigen Mehrheit. Ich habe z.B. nicht mit abgestimmt, weil ich es so okay finde, wie es jetzt ist.

Lucinda_in_tenebris

Gutes Argument. Warum dann nicht Mindestbeteiligungen einführen? Liegt eine Abstimmung unter 65 % etc, dann wird sie abgelehnt oder wiederholt etc

Bahnfahrerin

Das gibt es bei Bürgerbegehren doch häufig in Form des sog. Quorums. 

Und mind. manchmal werden den Abstimm-Unterlagen auch noch Informationsflyer beigelegt. Bin selbst mal in den Genuss eines solchen gekommen und fand das damals eher zweifelhaft, denn ca. 80% des Flyers lieferten Gründe für „ja“ und nur 20% solche für nein. 

TeddyWestside

Na, dann wurde Ihnen ja Teilhabe und sogar die Entscheidung äußerst einfach gemacht. Besser geht's nicht. Die Auftraggeber für den Flyer gewinnen, die Politiker gewinnen und die Wähler machen was sie sollen mit gutem Gewissen und "virtue". Win-win-win.

/s

 

Lucinda_in_tenebris

Ich spreche mich eher für neue digitale Formen aus. Die bisherige Form kann mener Ansicht nach gerne abgeschafft werden, bzw, ich stimme hier ihrem Bedenken zu. Ich könnte mir eher so eine Art digitales Parlament wünschen bzw eine Art digitales "Unterhaus" oder "Nebenhaus" mit zunächst beratender Funktion und allmählicher Einbindung in Entscheidungen, so zu sagen Direkte Demokratie mit angezogener Handbremse.

TeddyWestside

"großartige Chancen hier entsprechende Angebote zur Beteiligung zu machen"

 

Chancen sind sicher wichtig, aber ich frage mich, ob die genutzt würden. Mein Eindruck ist, dass die allermeisten Leute zwar eine Meinung zu bestimmten Dingen haben, aber idR lieber einfach in Ruhe gelassen werden wollen. Komplizierte Entscheidungsverfahren sind eine große Schwäche, aber ich sehe da wenig Alternativen und keine, die noch nicht gescheitert sind. Da fällt mir nur dieses Churchill-Zitat ein...

 

Lucinda_in_tenebris

Ich glaube immer noch an Willy Brandts Forderung "Mehr Demokratie wagen", denn dass ist das beste Rezept gegen Faschismus und Intolerenaz. So einfach mal die Repräsentative Demokratie ersetzen wäre natürlich nicht in diesem Sinne. Ich bin mir z.B. ziemlich sicher, dass eine große Mehrheit die jetzige Form "Repräsentative Demokratie plus Arbeitsparlament" völlig richtig findet. Es gibt aber immer wieder Themen, bei denen die Menschen gerne mehr Entscheidungsbefugniss und Mitsprache hätten. Und das ist weder schlimm, noch fatal, sondern meiner Ansicht nach gut.  

Egleichhmalf

„Meiner Ansicht nach bietet das Internet aber großartige Chancen hier entsprechende Angebote zur Beteiligung zu machen. Themen werden vorgeschlagen und mit Infromationen der verschiedenen Positionen versehen, sowie eine digitale Debatte ermöglicht etc. etc.“

Das ist völlig richtig. Man muss allerdings dann auch davon Gebrauch machen und aufgeschlossen gegenüber anderen Erkenntnissen sein. Merke: Es reicht nicht, eine Zahnbürste zu besitzen, sondern man muss sie auch benutzen.

TeddyWestside

Was das Informationsdefizit angeht: da lernen wir gerade in Echtzeit, dass mehr Informationen nicht unbedingt zu einer Verbesserung führen. Einerseits führt ein mehr auch immer zu mehr Gegenargumenten, denn selten sind Probleme oder Lösungen nur gut oder nur schlecht. 

Zum anderen besteht ein bewährtes Propaganda-Instrument darin, einen Kern Wahrheit in einem Haufen Lügen und Desinformation zu verpacken. Ein aktuelles Beispiel: die Diskussionen über russische Journalisten in D und vice versa. 

Tom Özdemir

Was ich auch geradezu lächerlich finde ist, dass irgenwie jeder wohnortnahe Krankenhäuser will, aber bitte nicht vor meiner Haustür.

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John Koenig

Genauso wie Windräder ……

Tom Özdemir

Was könnte man gegen Windräder haben? Ich habe nichts dagegen, genau so wenig wie Krankenhäuser und Kindergärten. Zur Not auch gerade vor meiner Nase.

Mass Effect

Und Kläranlagen, Industrieparks, Eisenbahntrassen, usw, usw

Lucinda_in_tenebris

Wenn die Fragen auch so schön kurz gehalten werden, wie "wollt ihr die Suchtklinik vor eurer Tür ja/nein" Dann darf es nicht verwundern, wenn auch mal ein  "nein" kommt. Warum nicht mal komplexr fragen? "Es muss eine Suchtklinik gebaut werden. Wo sollen die gebaut werden?" In diesem Fall stehen die Sachen dann eher in den Stadtteilen mit geringer Einwohnerdichte, auch Villenviertel genannt. Wäre das schlimm oder ungerecht?

Langfristig verödet jene Stadt vielleicht, weil es durch den Verlust des Villenviertels unatraktiv geworden ist. Lerneffekte sind aber eben auch wichtig und fallen manchmal ganz anders aus als erwartet. Vielleicht wäre die Klinik ja prima dort und niemand regt sich auf etc etc

Bauer Tom

Volksentscheide sind die purste Form einer Demokratie.

Wer sich dagegen wehrt und der Ansicht ist, es muesse fuer die Buerger auch gegen ihren Willen entschieden werden, was am Besten fuer sie ist, hat Demokratie entweder nicht verstanden oder ist ein Demokratiegegner.

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Barbarossa 2

Da bin ich aber sowas von ihrer Meinung.

ich1961

Ich nicht!

TeddyWestside

Ich bin fest davon überzeugt, dass Direktdemokratie nur in den kleinsten politischen Einheiten funktioniert. Auf kommunaler Ebene, vielleicht noch in Landkreisen, ist sie ein gutes Instrument zum fine tuning, wenn man so will. Aber die Bürger in Bruchühlbach-Miesau interessiert es nicht, ob in Buxtehude eine neue Verkehrsampel mit Künstlicher Intelligenz betrieben wird oder nicht. 

 

MRomTRom

++ Die direkte Demokratie ist in Deutschland weiter verbreitet als angenommen ++

Fast jede Landesverfassung der Bundesländer kennt Volksbegehren und Volksentscheide. Man denke an die Referenden für den Nichtraucherschutz in Bayern oder Stuttgart 21 in BaWü.

++

Sie sind eine begrüßenswerte Einrichtung, aber sie können die gewählten Parlamente und die Expertise der Parlamentarier nicht komplett ersetzen. Weder in Städten und Gemeinden noch auf Landesebene. 

In viele Themen muss man sich gewissenhaft einarbeiten und ihren Gesamtkontext bewerten, bevor man entscheidet. Stillstand schädigt am Ende die betroffenen Bürger.

++

 

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CommanderData

Mit Verlaub, die Expertise diverser Parlamentarier gilt in meinen Augen nicht. 
In der Regel ist diese Expertise genauso Meinungs-, Interessen- oder Ideologie-gelenkt, wie die der Bürgerentscheid-Begehrer. 

Nehmen Sie nur die großen Fehlentscheidungen von Andy Scheuer, Jens Spahn, Helmut Kohl, Christian Lindner ... etc... 
Von den hirnlosen Steuerverschwendungen vieler Gemeinderäte ganz zu schweigen. 
Auch Berufs-Parlamentarier haben ideologische Scheuklappen vor den Augen und sind beratungsresistent (jüngstes Beispiel: C.Lindner). 

Bürgerbegehren können m.E. nicht mehr Schaden anrichten als die Entscheidungen machtbesoffener Berufs-Politiker. 
 

MRomTRom

++

Ich bin  ein Befürorter von Volksentscheiden. 

++

Aus meiner früheren Erfahrung in der Kommunalpolitik (habe leider beruflich nicht mehr soviel Zeit) kann ich Ihnen versichern, dass sich Gemeinderäte, die ihre Freizeit für Ihre kaum aufwandsentschädigten Einsätze einbringen, nicht einfach machen, Sachentscheidungen vorzubereiten. 

++ 

Oft erfordert es das Einarbeiten in den Sachverhalt, Vor-Ort-Besichtigung, Gespräche mit Nachbarn und Bürgern, anhören von Fachgebietsexperten und vieles mehr.  

++

Eine Entscheidung für eine neue Sporthalle zu treffen erfordert auch die Berücksichtigung von den budgetären Bedürfnissen der KITA, oder für die Ortsstraßen, die Wasserversorgung oder die Gewerbeansiedelung.

++

Nur Partikularinteressen zur Abstimmung zu bringen, schädigt u.U. legitime Bedürfnisse anderer.

++

CommanderData

Mit Verlaub, auch ich habe beruflich und privat mit Gemeinderäten zu tun - manche GR glauben ihre Meinung sei Expertise genug. Im GR sitzen nicht selten Unternehmer, um Aufträge abzustauben. Interessenskonflikte interessiert da niemanden. Viele GR sind gestresste Arbeitnehmer oder Eltern, die die Vorlagen nicht lesen und sich auch nicht einarbeiten, sondern nach der Diskussion im GR nach Gutdünken abstimmen. 

Viele GR sitzen aus Prestigegründen im Stadtrat, Senat oder Gemeinderat. Die wenigsten kennen sich wirklich mit dem Aufbau einer Kommune, der Funktionsweise oder den Rechten des Verwaltungsapparates aus. Viele GR wissen noch nichtmal welche Rechte und Pflichten sie selbst haben. 

Da wird einfach auf den OB, BG oder den Verwaltungsapparat vertraut. Oft genug passieren dann genau die Fehler, die hinterher als "Steuerverschwendung" im Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler landen. 

 

TeddyWestside

"die Expertise diverser Parlamentarier [...]"

Ich kann nicht beurteilen, ob jemand wie Jens Spahn irgendwelche Expertise überhaupt interessiert. Ich habe meine Zweifel. Aber unabhängig davon: im nächsten logischen Schritt lauern die nächsten Probleme. 

Wen soll der zuständige "Leiter" zur Expertise heranziehen? Hochschulprofessoren? Externe Berater? 

Nehmen Sie Experten wie Professoren, können Sie bei jeder einzelnen Entscheidung damit rechnen, dass Sie mindestens 3 verschiedene Meinungen zur Auswahl kriegen, die alle mit viel Expertise begründet sind, aber oft nicht vereinbar...

 

 

Bauer Tom

"aber sie können die gewählten Parlamente und die Expertise der Parlamentarier nicht komplett ersetzen."

 

Das ist richtig.  Aber, wenn die Parkamentarier keine oder unzureichend Expertiese haben?  

MRomTRom

++

Dann müssen Sie es sich zum Goldstandard ;-) machen, diese Expertise zu erarbeiten und immer und immer wieder mit den Bürgern zu sprechen und zu diskutieren. Dafür werden sie schließlich gewählt.

 

++

gelassenbleiben

Ich fände Bürgerräte gut. Statistisch ausgewählte repräsentative Bürger setzen sich zusammen, bekommen support von Experten bei Nachfragen und diskutieren ethisch und gesellschaftlich schwierige und komplexe Themen in ausreichender Tiefe und Länge und kommen zu einem Votum. Dieses kann der gesetzgebenen Versammlung als Grundlage für weitere Beratungen und Abstimmungen vorgelegt werden. 

Meine Meinung: Volksabstimmungen über wichtige komplexe Sachverhalte bergen die Gefahr von vereinfachungen wenn nicht gar desinformationen und daraus abgeleitete populistische Meinungen gekapert zu werden

Bei unwichtigen oder weniger komplexen Themen kann über Volksabstimmungen nachgedacht werden.

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Abe

Bürgerräte: Gute Idee!

John Koenig

Der Begriff Bürgerräte weckt in mir ein Ungutes Gefühl und auch Erinnerungen an sehr sehr dunkle Zeiten .

 

John Koenig

Bürgerräte , so wie der zur Ernährungsfragen bei dem einige entnervt von dem ökologischen Überhang der zufällig ausgewählten den Bürgerrat verlassen haben ?

Was ist denn wenn die Bürgerräte nicht so entscheiden wie die die sich auf der Seite des Richtigen wähnen ?

Ist dies dann  populistisch und nicht ernstzunehmen ?


 

gelassenbleiben

zufällig ausgewählte Bürger wollen das ihre Kinder gesund essen

im katholischen Irland hat Bürgerrat gut funktionert

Entscheidungen fällt der Bundestag

CommanderData

Wer das Gefühl hat, ich kann direkt mitbestimmen, verhält sich anders. 

Dem Wutbürgertum würde der Stöpsel gezogen - das berühmte Gefühl der Ohnmacht. Denn heute ist es ja so: ich wähle eine Partei vielleicht nur aus einem einzigen Punkt - und nach der Wahl macht die etwas ganz anderes. 

Bei Bürgerentscheiden gibt es 2 Möglichkeiten: Ja oder nein. Aber kein: und jetzt machen wir was ganz anderes.

Bürger sind heute keine ungebildeten Analphabeten mehr, die einen Fürsprech brauchen. 

Bereits jetzt müssen wir tolerieren, dass 20 % AfD wählen. 70 Prozent wählen Kompromisse. Das wird bei Bürgerentscheiden nicht anders sein. Oftmals zeigen Bürgerentscheide auch Lösungen auf, die die Politik auch aus ideologie-getriebenen Gründen ablehnt. 

Wer aktiv mitmachen darf, fühlt sich mitgenommen. Wer nur passiv danebenstehen darf, wendet sich beleidigt ab. 

Schneeflocke ❄️

Grundsätzlich ist das ja richtig, was Sie vorschlagen, in der Praxis jedoch nicht organisierbar. Denken Sie beispielsweise an im Zeitstress befindliche Berufstätige, vielleicht sogar noch mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Die haben oft monatelang nicht mal Zeit sich täglich für eine halbe Stunde mit ihrem Lieblingskrimi auf die Couch zu verkrümmeln, geschweige denn sich mit der Materie oder Experten tief auseinander zu setzen. Das ist nur etwas für Menschen mit reichlich Freizeit. Außer bei Rentnern kommt das doch kaum vor...

Bauer Tom

"Bei unwichtigen oder weniger komplexen Themen kann über Volksabstimmungen nachgedacht werden."

 

Danke

gelassenbleiben

Bitte

Tom Özdemir

Ich fände Bürgerräte gut.

Fände? Falscher Verbmodus. Bürgerentscheide gibt es ja.

gelassenbleiben

Lesen Sie meinen Text bitte nochmal in Gänze, danke!

Mass Effect

Die Letzte Räterepublik hat in einer Menschenverachtenden Diktatur geendet.

CommanderData

Es ist längst Zeit für Bürgerentscheide. Lokal und national. Menschen sind mündig. Egal, welcher Meinung. 
Parteien und Politiker zu wählen geht genauso in die Hose. 
 

Wer mitbestimmen kann und soll, überlegt sich die Konsequenzen besser und wägt mehr ab. 

Anders als beim Parteienwählen kann man bei Bürgerentscheiden Personen- und Thema-Picking betreiben. 
Manchmal ist man ja auch einer Meinung mit dem vermeintlichen "Gegner". 
Deshalb ja zu Bürgerentscheiden.  

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Tom Özdemir

Es ist längst Zeit für Bürgerentscheide. Lokal und national.

Längst Zeit? Gibt's doch schon lange.

BotschafterSarek

Menschen sind mündig ... i ch wünschte, dem wäre so. Aber wenn man schaut, wie viele Leute heute irgendwelchen Verschwörungserzählungen anhängen oder den wissenschaftlichen Konsens als "politisch gesteuert" negieren, wage ich die Mündigkeit doch arg zu bezweifeln. 

Abe

Es sollte viel mehr direkte Demokratie geben. Wenn, wie in dem Bericht geschrieben, in der Mehrheit Vorhaben gebremst werden, waren die Argumente für das Vorhaben wohl nicht ausreichend. Das muss dann akzeptiert werden.