
Ihre Meinung zu Bundesarbeitsgericht: Kein "Verzicht" auf Mindesturlaub möglich
Ein Mann einigt sich vor dem Arbeitsgericht mit seinem Arbeitgeber auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine Abfindung. Offene Urlaubsansprüche sollen damit abgegolten sein. Dagegen klagt der Mann - und bekam jetzt Recht.
Er war also mehr oder weniger von Anfang bis Ende seines Arbeitsverhältnisses krank geschrieben. Verlangt aber trotzdem den ihm zustehenden Ulaub, auf den er selbst gemäß Abfindungsvereinbarung erst mal verzichtet hatte. Verklagt das Unternehmen nachträglich auf eine vereinbarungsgemäß nicht beanspruchbare Leistung.
Mir kann man wirklich nicht nachsagen, nicht grundsätzlich auf der Seite der Arbeitnehmer zu stehen. Aber der Kerl hat seine Firma einfach nur abgezockt, und ich mißbillige es, dass er damit vor einem Arbeitsgericht durchkommt.
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Sowas ging mir beim Lesen des Artikels auch durch den Kopf.
Allerdings kennen wir beide die Art und Schwere der Erkrankung des Mannes nicht, deshalb bin ich mit dem Wort "Abzocke" vorsichtig.
@file 20:24
| "der Kerl hat seine Firma einfach nur abgezockt, und ich mißbillige es, dass er damit vor einem Arbeitsgericht durchkommt." |
Mir fiel bei der Beschreibung ein, dass der Mann ja auch einen schweren Unfall oder eine schwere Krankheit zu bewältigen gehabt haben könnte und eine finanzielle Schieflage/Belastung ihm zumindest dadurch erspart blieb.
Die 7 Tage Mindesturlaub sprechen für eine kurze Vertragsdauer. Die Abfindung i.H.v. 10.000€ sprechen für einen Vergleich, der mir zeigt, dass der Arbeitgeber trotz dieser kurzen Dauer keine Abzocke vermutet.
Es ist nicht immer so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint.
"Die 7 Tage Mindesturlaub sprechen für eine kurze Vertragsdauer."
Die 7 Tage Urlaub sind nicht während der gesamten Vertragsdauer entstanden, sondern im dem (Rumpf-) Jahr 2023.
Ja geht mir genauso. Ich frage mich, weshalb der Vereinbarung über die Urlaubsabgeltung "in natura" nicht der Privatautonomie der Vergleichsparteien unterliegen soll.
@Inqui 20:49
| "weshalb der Vereinbarung über die Urlaubsabgeltung "in natura" nicht der Privatautonomie der Vergleichsparteien unterliegen soll. " |
Ich habe das so verstanden, dass es gar nicht möglich ist, auf den gesetzlichen Mindesturlaub zu verzichten.
§13 BUrlG beschreibt das m.E. im ersten Absatz: "Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden."
https://www.gesetze-im-internet.de/burlg/index.html#BJNR000020963BJNE00…
Danke für den Link. Ich hab das Urteil nicht gelesen, aber wahrscheinlich war das die gesetzliche Grundlage für die Entscheidung.
"Ich frage mich, weshalb der Vereinbarung über die Urlaubsabgeltung "in natura" nicht der Privatautonomie der Vergleichsparteien unterliegen soll."
Die Privatautonomie ist gesetzlich zugunsten des Arbeitnehmers eingeschränkt. Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG kann abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG von den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
"Er war also mehr oder weniger von Anfang bis Ende seines Arbeitsverhältnisses krank geschrieben."
Der Kläger war vom 1. Januar 2019 bis zum 30. April 2023 bei der Beklagten angestellt. Im Jahr 2023 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und konnte seinen Urlaub daher nicht antreten.
@falsa 20:50
Danke für die Klarstellung. Mir sind die Jahre durchgeflutscht. Dann ist der "Abzocke-Verdacht" noch weniger plausibel und die Abfindung auch nicht wirklich üppig.
"und die Abfindung auch nicht wirklich üppig."
Der Arbeitnehmer hat 5.000 € brutto verdient.
Die Abfindung beläuft sich gewöhnlich auf ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Schreib ich doch. Ich empfand sie wegen meiner falschen Zeitannahme (20:40) als üppig. Nun nicht mehr, weil sie den Mindestanforderungen entspricht.
„Der Kläger war vom 1. Januar 2019 bis zum 30. April 2023 als Betriebsleiter eingestellt. Im Jahr 2023 war er von Beginn an bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.“
Das lese ich so, dass er 4 Jahre gearbeitet hat und nicht von Anfang bis Ende seines Arbeitsverhältnisses krank geschrieben gewesen ist. Es geht hier also um die 7 Tage erworbenen Mindesturlaub von Januar bis April 2023. Und das ist dann keine Abzocke. Ansonsten müsste jeder Arbeitnehmer, der z.B. im Urlaub krank wird, sich diese Tage als Urlaubstage anrechnen lassen müssen und dürfte sie nicht (als das, was sie sind) Krankentage geltend machen.