Mehmet Simsek wird Finanzminister in der neuen Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Hauptaufgabe dürfte der Kampf gegen die hohe Inflation sein. Doch genau da bahnt sich ein Konflikt mit Erdogan an, berichtet Uwe Lueb.
Ob Simsek wirklich einen stabilisierenden Kurs fährt und fahren darf, wird sich schon bald zeigen: Widerspricht er der fatalen erdoganschen Niedrigzinspolitik? Und überlebt er das politisch?
Zweifel sind angebracht.
Zweifel sind angebracht?
Bei welchen Bürgern? Die Mehrheit hat demokratisch entscheiden und wird jetzt wieder auf weitern Wohlstand hoffen. Die hatten bei der Wahl klare zeichen für Erdogan gesetzt.
Fraglich ist doch, ob Erdogan ihn politisch überleben lässt, nicht die Wähler.
Sie argumentieren am Kern der Sache vorbei.
Simsek wurde ja nicht von den Bürgern gewählt, und die dürfen hoffen oder nicht.
Er wurde durch Erdogans Gnaden zum Finanzminister, und sollte er diesem finanzpolitisch allzu sehr in die Parade fahren, wird er sich möglicherweise über kurz oder lang dort wiederfinden, wo Erdogan gemeinhin Verräter und Terroristen unterbringt.
Gleichwohl wünsche ich Fin.minister Simsek ein glückliches Händchen.
Je weniger Erfolg er hat, desto schwerer der Stand fuer Erdogan. Persoenlich wuensche ich es dem ersteren nicht, dem zweiteren schon. Ein echtes Dilemma. Aber im Interesse des ganzen Volkes muss die Regierung dort zusammenbrechen. Die Wahl des Weges dahin kann man Erdogan dann ueberlassen... muss man ja auch.
Und Sie glauben zu wissen, was im Interesse des türkischen Volkes ist? Sie wünschen dem türkischen Volk einen Zusammenbruch der Regierung? Warum? Weil Sie das gerne hätten? Stellen Sich doch bitte mal vor, türkische Foristen würden in Chatforen schreiben, dass die Regierung in Deutschland zum Wohle des deutschen Volkes zusammenbrechen sollte. Wie würden Sie reagieren?
Sie haben Recht. Das wäre eine Frechheit. Wir haben schließlich genug deutsche Foristen, die sich das täglich wünschen.
Aber spricht für Sie etwas dagegen, dass man sich das Scheitern von autokratischen Regierungen wünscht, egal in welchem Land? Ich gLaube nämlich, dass dies für die betroffenen Menschen besser wäre.
muss die Regierung dort zusammenbrechen?
Aber die ist doch jetzt grade mit Mehrheit bestätigt worden. Jetzt sollten Sie sehen wie die Bürger in der Türkei daran arbeiten Ihre wahlziele zu verwirklichen.
Die Parteien(!) haben Wahlziele. Die Bürger dürfen auf Besserung hoffen, dass ihre Lieblingspartei ihre Versprechen umsetzt.
Wer sagt Ihnen, dass eine (mit keineswegs überzeugender!) Mehrheit gewählte Partei nicht scheitern kann?
M. E. hat die AKP dazu beste Chancen.
➢ Aber im Interesse des ganzen Volkes muss die Regierung dort zusammenbrechen.
So sehr im Interesse der Türkischen Bevölkerung ist es nicht, wenn die Regierung kollabiert. Neben der Inflationsfrage quälen auch noch die Erdbebenschäden das Land.
Erdogan muss endlich was tun
Ich fand die Wahl nicht fair, weil die Opposition in den türkischen Medien so offen und für jeden sichtbar benachteiligt wurde. Das sollte eigentlich auch den Erdogan Anhängern peinlich sein.
Aber wie dem auch sei, Erdogan ist weiter an der Macht. Und wenn er etwas wirklich Wichtiges für sein Land tun will, jenseits dieser einseitigen Bereicherung der vergangenen 20 Jahre, dann tut er etwas gegen diese exorbitante Inflation, gegen diese Misswirtschaft und die tief verwurzelte Korruption.
Alles in allem was im Artikel steht scheint er kompetent und erfahren in Wirtschafts und Geldpolitik. Da Erdogan ihn berufen hat gehe ich dafon aus das man sich auch in der Zinspolitik einigen wird. Ich jedenfalls wünsche der Türkei das sie das Problem mit der Inflation in den Griff bekommt.
Das Problem mit der Inflation in den Griff bekommt?
Ich glaube das. Die Bürger haben demokratisch gewählt und entschieden.
Unsere Regierung ist auch auf demokratischem Weg zustande gekommen.
Ich habe noch nicht erlebt, dass Sie das an Kritik gehindert hat.
Was bitte hat die mehrheitliche demokratische Entscheidung der Bürger mit dem Problem der Inflation zu tun?
Je mehr hoffen, desto wahrscheinlicher wird der Erfolg, oder was?
Die Inflation ist in der Türkei seit Herbst 2022 rückläufig, von um die 85% auf derzeit um die 40 bis 45% und dies ganz unorthodox bei fallenden Zentralbankzinsen seit ca. 2 Jahren. Womit Erdogan auf den ersten Blick mit seiner Zinspolitik richtig gelegen haben könnte. Mehmet Simsek kommt nun und springt mit gutem Timing auf den bereits in die richtige Richtung fahrenden Zug auf, so scheint es. Wird er bald die Leitzinsen auf 30% erhöhen lassen? Hat er dies mit Erdogan abgesprochen? Schließlich hat er früher als Finanzminister die Zinsen der Zentralbank bei ungefähr um den gleichen Prozentsatz der Inflation gehalten bzw. von der Zentralbank entsprechend festlegen lassen. So oder so, Simsek wird vorhaben, dem Präsidenten der Türkei zu helfen.
Im Artikel wird ein scharfsinniger Analyst zitiert:
"Ja, Mehmet Simsek hat einen guten Ruf und ja, er ist ein erfahrener Ökonom, spricht sehr gut Englisch. Alles schön und gut. Aber gibt es innerhalb der Regierungspartei AKP sonst niemanden, der etwas von Wirtschaftsmanagement versteht?"
Die stock-konservative und religiös-verkrustete AKP hat ohnehin keine Leute mit Sachverstand. Aber darauf kommt es bei Wahlen ja nicht an.
Da bin ich aber erleichtert, dass wir in Deutschland Leute mit Sachverstand haben.
"...Einer, der Präsident Erdogan auch mal widerspricht..."
Das hat der Präsident Erdogan aber für gewöhnlich nicht so gerne, oder habe ich da was verpasst?
Nun ja, sein Volk hat Erdogan wieder gewählt, nun muss das Volk dadurch... Ich hätte das ehrlich gesagt auch nicht vermutet, dass er nochmals gewählt wurde, bin aber auch kein Türkei-Experte, aber schon neugierig, wie die politisch gut informierten Forum-Teilnehmer die Lage einschätzen. Wünsche allen noch einen schönen Sonntag!
Darf man in der Türkei überhaupt andeuten, dass die Finanzpolitik Erdogans bisher nicht rational war? Ist das nicht als Beleidigung des Präsidenten strafbar? Die Finanzpolitik Erdogans war sehr wohl rational - die Frage ist, was Erdogan als Ziel seiner Finanzpolitik definiert und demnach bestimmt, was "rationales Vorgehen" ist. Das Wohl seines Volkes hat er ja wohl kaum im Auge. Ich vermute mehr, dass die Niedrigzinspolitik der Bereicherung von ihm uns seiner Clique dient. Auf die Art kann man mit Staatskrediten günstig Realwerte schaffen - einen Kredit zu den Konditionen zu bekommen ist für Erdogans Günstlinge ja kein Problem. Das Problem haben allerdings die anderen Länder: Wer zahlt hinterher die Zeche, wenn Erdogan und seine Clique wegen Zusammenbruch der Staatsfinanzen abtreten müssen? Verlassen sich die türkischen Bürger darauf, dass ihnen dann die anderen, heute so beschimpften Länder aus der Patsche helfen, damit der kranke Mann am Bosporus nicht im Chaos versinkt?
Schön, dass das türkische Volk
sein Leben in Freiheit und Demokratie genießen kann, wenn erst mal die Inflation gestoppt ist. Andere Probleme gibt's da ja nicht.
Andere Probleme gibt's da ja nicht?
Aber sicher ist es gut nicht alles auf einmal anzufnagen. Und mit dem wichtigsten Anzufangen. Inflation zu stoppen bedeutet Wohlstand für die Arbeitnehmer, Rentner und Ihre Familien.
Ich glaube nicht, dass man zuerst die Inflation stoppen muss um (wieder) einen Rechtstaat zu etablieren.
Vieles könnte man parallel machen.
Das Wichtigste aus meiner Sicht wäre ein gerechte und faire Gerichtsbarkeit. Die ließe sich vergleichsweise im Handumdrehen herstellen; mit dem Stoppen der Inflation dürfte es bei weitem nicht so flott gehen.
Erdogan wird hier wohl nur präventiv einen weiteren Schuldigen für seine gescheiterte Wirtschaftspolitik installieren.
Ob an der Vernutung, „Simsek werde sozusagen ins Schaufenster gestellt, damit das Vertrauen auf den Finanzmärkten wächst“ etwas dran ist bzw. Erdogan ihm ‚erlaubt’, etwas zu ändern, wird sich schnell zeigen.
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Dann gratuliere ich dem Typen mal.
Ich muss den zitierten Börsenanalyst Satiroglu leider widersprechen, wenn er behauptet die Zentralbank müsste den Leitzins auf „marktübliche 30%“ erhöhen.
Laut Bloomberg liegen die Zinsen für Konsumentenkredite derzeit bei durchschnittlich 19,5 %.
Und die Regierung und die Zentralbank machen Druck auf die Geschäftsbanken, diesen Wert in Richtung des Leitzinses von 8,5% zu senken um das Wirtschaftswachstum über den privaten Konsum noch weiter anzukurbeln.
Gerade dieser Move spricht gegen eine rasche und starke Leitzinserhöhung in naher Zukunft.
Den Herrn Simsek kennt in Europa kaum jemand. Was er für eine Finanzpolitik machen wird ist nicht klar.
Eine starke Leitzinserhöhung würde vielleicht die Inflation bekämpfen aber sie würde auch die Klientel der AKP, dass kleine und mittlere Kapital treffen.
Was soll er denn groß machen?
Auch bei uns sind bisher alle Ideen ausprobiert worden und es hat nichts gebracht.
Die Inflation wollte erst nicht kommen, jetzt ist sie ausser kontrolle.
Das kann kein finanzminister irgendwie beeinflussen.
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Dann wird ja alles gut.