Der britische Parlamentspräsident John Bercow

Ihre Meinung zu London: Unterhaus-Sprecher gegen neues Brexit-Votum

Eigentlich wollte die britische Premierministerin May das Unterhaus erneut über ihren Brexit-Deal abstimmen lassen. Doch daraus wird wohl nichts: Der Parlamentspräsident entdeckte eine Regel aus dem frühen 17. Jahrhundert.

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26 Kommentare

Kommentare

Hador Goldscheitel
Trauerspiel und kein Ende !

Houses of Parliament, oder "ein Käfig voller Narren" - eine britische Tragikkomödie dieser Zeit.
Nun dieser Streich von Parlamentspäsident Bercow.
Ich hoffe nur, dass der letzte Akt dieses unwürdigen Schauspiels sein baldiges Ende findet !

Gruß Hador

Tada
Ich bin mittlerweile für den Aufschub

Ganz einfach aus dem Grund, dass die EU mit allem, nur nicht mit dem aktuellen Zustand gerechnet hatte.
Ich bin mir sicher, dass die Briten auch in 3, 6 oder 9 Jahren nicht weiter sein werden.

Die EU sollte jetzt eine gute Lösung für sich finden, wie sie in der Situation am besten verfahren soll. Für die EU, nicht für GB.

Ich denke, das wird keine weiteren 3 Jahre dauern und dann kann man die Sache endlich abschließen.

dr.bashir
Passt ins Bild

Dass Frau May und ihre Regierung offensichtlich die, zugegeben schwierige, Verfassungslage des eigenen Landes nicht gut genug kennt ist nur ein weiterer Hinweis auf das Chaos, dass in GB gerade herrscht.
Interessant ist die Frage, was Mr. Speaker mit dieser Aktion bezweckt, mit der er Frau May in weitere Schwierigkeiten bringt. Natürlich kann man annehmen, dass er die Entscheidung schlicht "gerichtsfest" machen will. Aber vielleicht hat er doch Sympathien für die ein oder andere Gruppierung und deren Haltung zum Brexit.
Jetzt sind es also noch 10 Tage und ein paar Stunden bis der harte Brexit automatisch eintritt.
Jetzt bleibt also nur noch, dass die EU irgendwie ihren bisherigen Ansagen untreu wird. Entweder doch noch den Deal ändern, damit noch mal drüber abgestimmt werden kann oder eine Verlängerung der Frist ohne wirklich gute Begründung akzeptieren. Ich kann mir jedenfalls keine gute Begründung vorstellen, die ich für wahrscheinlich halte.
Aber da keiner Schuld sein will....

dermulla

"Boris Johnson drängte May, den EU-Gipfel ab Donnerstag zu nutzen, um den anderen Mitgliedstaaten mehr Zugeständnisse abzuringen. "Es wäre absurd abzustimmen, bevor das überhaupt versucht wurde", "

Der Typ hat den Knall echt nicht gehört.

harry_up
Bravo, Mr. Speaker!

Da war man im 17. Jahrhundert zweifellos schlauer als Frau May, die offensichtlich auf das Sprichwort “Steter Tropfen...“ setzen wollte - was ihre Gegner zwar als unsinnig erachtet, aber nicht als regelwidrig erkannt hatten.
Nächster Schachzug:
Ich verschiebe den Austritt, bis ihr “ja“ zu meinem Deal sagt!
Die EU ist zwar bekanntlich froh um jeden Aufschub - wäre da nicht die Europawahl.
Das Gemurkse nimmt kein Ende...

dr.bashir
Die Alternativen gehen aus

Damit ist die Möglichkeit, dass das Unterhaus dem Deal in letzter Minute zustimmt vom Tisch. Was bleibt also noch?

Der harte Brexit kommt automatisch.
Die EU lässt sich noch auf Änderungen des Vertrages ein. Bleibt die Frage, welche Änderung hätte eigentlich eine Chance auf Zustimmung im Unterhaus?
Eine Verlängerung und die Show geht weiter.
Ein Exit vom Brexit.

Mehr fällt mir nicht ein. Was davon ist wohl die wahrscheinlichste Variante?

karlheinzfaltermeier
Soso,......

Mr.Bercow hat also eine Regel aus dem 17.Jahrhundert gefunden, die eine dritte Abstimmung ohne Änderung nicht zuläßt. Wir wissen ja alle, wie sehr die Briten an ihren Traditionen hängen, egal ob richtig oder falsch, egal ob kriegverursachend oder ausbeuterisch etc. Es darf daher auch niemand die Frage stellen, ob eine Regel aus dem 17.Jahrhundert im 21.Jahrhundert überhaupt noch gültig ist. Die Zeit Oliver Cromwells ist vorbei, aber das interessiert die Briten nicht. Wenn vermutlich in den Büchern des Unterhauses gefunden wird, daß die Erde eine Scheibe ist, dann ist es eben so und die restliche Welt hat sich danach zu richten, oder? Und wo ist der Unterschied, ob der bisherige "deal" ein drittes Mal abgelehnt wird oder das einem geändertem "Deal" passiert?

Ishihori
Da schau her, die Briten

haben bereits mehr als 300 Jahre eine phantastische Regelung, die permanente Abstimmung über den selben Sachverhalt verbietet. Das ist genau das, was heutzutage auch in anderen Ländern dringend benötigt würde - Abstimmungen solange durchzuführen, bis es (den Herrschenden) paßt, wären damit passé (ich erinnere mich an die Abstimmungen in einigen Ländern: EU-Beitritt oder nicht; abgestimmt wurde solange, bis "es paßte" …).

wenigfahrer
Früher scheinen

einige mit gedacht zu haben bei der Erstellung von Gesetzen oder Vorschriften.
Heute passiert es meist, es werden viele Schlupflöcher gelassen und ständige Änderungen sind nötig, sofern die Löcher nicht gewollt sind.

Wir haben noch 10 Tage, und ich hoffe dann ist dieses Thema endlich vom Tisch und GB ist draußen. Damit wir dann endlich mal zu sehen bekommen was beim Austritt wirklich passiert.
Und was von den ganzen Horrorszenarien überhaupt eintritt, oder ob sich das alles ganz schnell regelt.

Ich vermute jetzt mal, die Wirtschaft wird das auf Ihre Weise regeln.

dr.bashir
@09:33 von karlheinzfaltermeier

"Es darf daher auch niemand die Frage stellen, ob eine Regel aus dem 17.Jahrhundert im 21.Jahrhundert überhaupt noch gültig ist."

Doch natürlich darf man. Das wird dann von Verfassungsjuristen in GB beantwortet.

GB hat keine kompakte Verfassung in einem Buch, wie z.B. das Grundgesetz, sondern wird über viele Regelungen und Gesetze reguliert, die sich über Jahrhunderte angesammelt haben. Dort fehlten in der Geschichte eben die großen Umbrüche wie Revolutionen oder verlorene Kriege, nach denen andere Länder die "x-te Republik" ausriefen und die Verfassung änderten.
Wenn eines dieser Gesetze als "altmodisch" identifiziert wird, kann man das durch ein neues ändern.
Jetzt ist es allerdings zu spät. Wenn diese Regel jetzt nicht entdeckt worden wäre und die Abstimmung stattgefunden hätte, dann hätte danach jemand dagegen klagen können.

Niemand
Und was will PM May nun machen?

Noch einmal abstimmen geht nicht. Exit vom Brexit geht wahrscheinlich auch nicht. Harter Brexit kommt automatisch, aber den hatte das Parlament abgelehnt.

Bleibt nur die Hoffnung, dass die EU einknickt oder einer Verlängerung (bis wann?) zustimmt.

Ich befürchte ein Einknicken der EU und eine Verlängerung des Brexit-Termins für 2 bis 3 Jahre.

Dann, so fürchte ich, ist die Glaubwürdigkeit der EU endgültig im Keller.

volker174
das wird bestimmt kein Drama

einem Austritt kann man sicherlich gelassen entgegen sehen.
Das ist so ein kleines Land und sicherlich nicht ausschlaggebend für den verbeleibenden Rest der EU.
Was allerdings mit England / GB selbst passiert wird für England / GB sicherlich nicht schön, aber es wird auch nicht vom Schicksal Atlantis ereilt.

Das Problem ist doch folgendes:
- es gab noch keinen Austritt
- keiner weiß was genau in / mit dem Austrittsland passiert
- daher ist es eine tolle Geschichte für die Medien
- heutzutage sind in den Nachrichten / Medien solche "Sachen" immer gleich der Beginn einer maximalen, globalen Katastrophe

berelsbutze

Die EU sitzt auch in der Zwickmühle. Die EU hatte nämlich 2 Modelle im Auge.

Modell 1: GB cancelt ihren Austrittswunsch

Modell 2: GB hält ein zweites Referendum ab und das Ergebnis geht für den Verbleib in der EU aus.

Beide Modelle erscheinen aktuell eher unwahrscheinlich und damit hat die EU nicht gerechnet und auf die Vernunft der Briten gehofft.

Jetzt bleiben der EU 3 Szenarien, aber bei zwei Szenarien würde sie ihr eigenes Wort brechen.

Szenario 1: Nachverhandeln... hatte man ausgeschlossen

Szenario 2: Fristverlängerung... hatte man ausgeschlossen, wenn die Briten keinen guten Grund nennen, und diesen guten Grund wird GB bei aller Uneinigkeit im Parlament nicht nennen können.

Bleibt als letztes Szenario, bei dem die EU ihr Wort hält und ihr Gesicht nicht verliert. Keine Nachverhandlung, keine Fristverlängerung und GB mit viel Applaus raus

Niemand
@Ishihori um 09:40

Abstimmungen solange durchzuführen, bis es (den Herrschenden) paßt, wären damit passé

Bitte welche Herrschenden meinen Sie? In einem demokratisch verfassten Gemeinwesen gibt es keine Herrschenden sondern vom Parlament auf Zeit gewählte Beauftragte und Sachwalter.

Ishihori
@karlheinzfaltermeier 0933 Uhr

Also ICH weiß nicht, daß die Briten an ihren Traditionen hängen. Aber ich weiß, daß das britische Rechtssystem nicht auf dem Schiedsspruch eines Richters beruht, sondern auf das Abgleichen gleicher oder ähnlicher Vorkommnisse in früheren Zeiten und einem DARAUS resultierenden Richterspruch. Gibt es keine Vergleichsmöglichkeit wird der aktuelle Fall Grundlage für spätere Richtersprüche. Ergo: Tradition in Britannien ist systemimmanent und damit die Frage, ob eine Regel aus dem 17. JH im 21. JH überhaupt noch gültig ist, vollkommen irrelevant. Vielmehr zeugt die dargestellt Polemik vor allem von sicherem Nichtwissen.

karwandler
re ishihori

" (ich erinnere mich an die Abstimmungen in einigen Ländern: EU-Beitritt oder nicht; abgestimmt wurde solange, bis "es paßte" …)"

Sie erinnern sich ziemlich falsch.

Mehrfachabstimmung über den EU Beitritt gab es nirgends.

karlheinzfaltermeier
@dr.bashir um 10:07Uhr

Auch in Ihrem Kommentar bleibt unklar, ob eine Regelung aus der Zeit Oliver Cromwells im 21.Jahrhundert noch gültig und sinnvoll ist. Das anglophile Rechtsystem ist eben unbeeinflußt von der "französischen Revolution" oder Napoleon. Und es wurde logischerweise auch in die heutigen USA exportiert. Ob eine Gesetzessammlung á-la Hammurapi besser ist als eine festgeschriebene Verfassung darf bezweifelt werden. Im UK gibt es z.B. nicht einmal eine verbriefte Pressefreiheit, sondern die muß mühsam aus anderen Urteilen zusammengebastelt werden. Aber dafür haben sie (ein Hoch auf die Tradition!) die speakers-corner im Hyde-parc, oder?

dr.bashir
Zwickmühle

Ich habe gerade bei der BBC nachgelesen und festgestellt, dass einige Minister und MPs darüber diskutieren, wie man die Regel von 1604 umgehen und trotzdem abstimmen könnte. Das ist natürlich juristisches Geplänkel und sowieso unnötig, wenn das Unterhaus den Deal erneut ablehnt. Außer Frau May hätte es in einer Woche geschafft etwa 75 MPs, die letzte Woche "No" gesagt haben, zu überzeugen, diese Woche zuzustimmen.
Dann wäre auch mal wichtig zu erfahren, wie lange eine eventuelle Verlängerung eigentlich dauern soll. Da schwirren ja auch die unterschiedlichsten Daten durch den Äther.
Eigentlich muss die EU schwer genervt sein. Alle anderen Themen werden überdenkt von den Stimmungsschwankungen des Unterhauses. Womöglich gäbe es auf dem Gipfel auch andere Themen zu besprechen, aber die werden dann wieder vertagt. Und bei einer Verlängerung geht das dann weiter.

Ishihori
@Niemand 0940 Uhr

"Bitte welche Herrschenden meinen Sie? In einem demokratisch verfassten Gemeinwesen gibt es keine Herrschenden sondern vom Parlament auf Zeit gewählte Beauftragte und Sachwalter." --- Verdammt, erwischt, eine Schreibweise cum ira et sine studio meinerseits :-(

Ich vergesse hin und wieder, daß es in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen keine Herrschenden, sondern vom Parlament auf Zeit gewählte Beauftragte und Sachwalter gibt.

Ishihori
@karwandler 1029 Uhr

Ich gebe es nicht gerne zu, aber Tatsache ist, daß Sie recht haben. Irland, an das ich dachte, stimmte bereits im 1. Referendum zu, Frankreich mußte eigentlich gar kein Referendum durchführen, die Niederlande, an die dachte, ebenfalls nicht und einzig Dänemark führte zwei Referenden durch, alle anderen Referenden hatten mit den Maastrich-Verträgen direkt nix zu tun --- … und wieder eine meiner falschen Meinungen verbessert :-))

landart
Immer wieder...

gleiche Anträge zur Abstimmung zu stellen, geht nirgendwo...das ist auch bei uns tabu...sonst könnte man solange gleichlautende Anträge zur Abstimmung bringen, bis vor lauter Apathie die Abstimmungsberechtigten
ihren Stimmzettel nicht mehr ausfüllen können. Schon im 17.Jahrhundert war man so weise, ein solches Begehren abzulehnen. Parlamentssprecher Bercow hat jedes Recht dem "Narrentreiben der Regierung May" einen Riegel vorzuschieben.

dr.bashir
@10:43 von karlheinzfaltermeier

"Auch in Ihrem Kommentar bleibt unklar, ob eine Regelung aus der Zeit Oliver Cromwells im 21.Jahrhundert noch gültig und sinnvoll ist."

Klar bleibt das unklar, zumindest uns. Wie könnten wir auch besser bei der britischen Verfassungslage durchblicken, als die dortige Regierung. Das müssen die schon selbst ausmachen.
Gültig wird sie schon sein, außer ein schlauer britischer Jurist findet bis heute Abend einen Dreh, wie man sie umgehen kann. Wer weiß, vielleicht gibt es eine Regel, etwa von 1712, die das Ganze wieder relativiert.
Sinnvoll ist eine ganz andere Frage. Man kann es schon für sinnvoll halten, nicht endlos, innerhalb von wenigen Tagen, über immer wieder das Gleiche abzustimmen. Aber selbst wenn man es nicht für sinnvoll hält, muss man die Regel erst ändern, sonst hat das Ergebnis einer solchen Abstimmung wohl keinen Bestand, wenn einer dagegen klagt. Aber auch das müssen die Briten selbst ausmachen.
Wir können uns nur wundern und warten.

Karl Klammer
Brexit könnte noch 200 Jahre dauern

Irgendwie ist das Britische Parlament
geistig scheinbar im 17. Jahrhundert stehengeblieben.

artist22
@Ich vergesse hin und wieder, 10:59 von Ishihori

"daß es in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen keine Herrschenden [...gibt]"

Aber das Wesentliche haben Sie bei ihrem schrägen Vergleich vollkommen übersehen:
In einem nichtdemokratischen Land müssen die Herrschenden
gar nicht erst mehrfach abstimmen lassen.

Das geschieht das Meiste nämlich per 'ordre de mufti' ;)

Und die Moral von der Geschicht
die Qual der Wahl gibts woanders nicht..

Niemand
@landart um 11:17

Immer wieder gleiche Anträge zur Abstimmung zu stellen, geht nirgendwo...das ist auch bei uns tabu...sonst könnte man solange gleichlautende Anträge zur Abstimmung bringen, bis vor lauter Apathie die Abstimmungsberechtigten
ihren Stimmzettel nicht mehr ausfüllen können.

Richtig! Wenn eine Gesetzesvorlage im Parlament gescheitert ist wird niemand so töricht sein, sie erneut zur Abstimmung vorzulegen. Dafür gibt es vorher die Parlaments-Ausschüsse oder, wenn erforderlich einen Koalitions-Ausschuss. Meist kommt die Vorlage dann durch.

Hier kommt dann der Vorwurf der "Hinterzimmer-Mauschelei", aber meist sind die erreichten Kompromisse gut.

Wanderfalke
@landart - 11:17

"Schon im 17. Jahrhundert war man so weise, ein solches Begehren abzulehnen. Parlamentssprecher Bercow hat jedes Recht dem "Narrentreiben der Regierung May" einen Riegel vorzuschieben."

Vielleicht gibt es im Regelwerk aus dem 17. Jahrhundert auch noch Lösungen zur Zollunion und zum Backstop.
Damit kann das Parlament mal hoffentlich wieder auf Linie kommen.