Brasiliens suspendierte Präsidentin Dilma Rousseff

Ihre Meinung zu Interview zur Amtsenthebung in Brasilien: "Es ist ein abgekartetes Spiel"

Das Drama um Brasiliens suspendierte Präsidentin Rousseff steht vor dem finalen Akt: Am Nachmittag beginnt die Abstimmung über die Amtsenthebung der Mitte-Links-Politikerin. Warum sie kaum noch Chancen hat, erklärt Lateinamerika-Experte Kai Michael Kenkel im Gespräch mit tagesschau24.

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20 Kommentare

Kommentare

FalkoBahia
Keine echte Lösung

Richtig ist, dass der ehemalige Vize- und wohl künftige Präsident Temmer keinen Rückhalt in der Bevölkerung hat und nie eine Chance hätte vom Volk gewählt zu werden. Aber Dilma hatte auch keine großen Befürworter mehr und hat ihre Wiederwahl vor 2 Jahren nur gewonnen, weil sie 2 Wochen vor der Wahl für die ärmeren, kinderreichen Familien noch mal schnell das Kindergeld erhöht und ihren Wahlkampf mit Schmiergeldern der Petrobras finanziert hat. Ihr Vorsprung damals war auch nur denkbar knapp.

Temmer ist insofern kritisch zu sehen, da er insbesondere die Clique der korrupten Altpolitiker reprasentiert, die jetzt hoffen, dass ihre Korruptionsprozesse auf Eis gelegt werden. Sechs der von Temmer neu installierten Minister haben bereits Prozesse wegen Korruption am Hals. Dennoch werden wir vermutlich die nächsten 2 1/2 Jahre mit ihm als Präsidenten leben müssen, bis sich zur nächsten Wahl hoffentlich eine neue, junge poltische Kraft formiert und einen Neuanfang für Brasilien wagt.

wenigfahrer
Man hört schon

die Sektkorken knallen auf der Etagen der Geldhaie. Es gibt nichts schöneres für Sie als der Ausverkauf eines Landes und alles in private Hand zu geben.
Und wer sagt das den Brasilianern schlechter gehen wird als vorher schon, dann wird es auch so eintreffen.

2,5 Jahre reichen um die besten Stücke an Land zu ziehen egal wer dann gewählt wird.

Gruß

Gast

The 'Empire' strikes back. Die korrupte superreiche Elite will wieder an die Macht. Und neoliberale Grausamkeiten sind gut für sie, und schlecht für die Mehrheit der Bevölkerung. Das damit die Gewalt zunehmen wird, so wie auch (wieder) Armut und Ungleichheit. Wen kümmert das - die Reichen leben sowieso schon in ihren bewachten Palästen.

Autowanderer
an all die, die ausser draufhauen wenig ahnung haben

alle mach(t)en fehler.
roussef in brasilien,kirchner in argentinien,chavez in venezuela.
aber alle haben ein schlecht bestelltes feld übernommen+angesichts der umstände relativ viel an fortschritt erreicht für ein große anzahl der bürger.
die priviligierten bevölkerungsanteile fanden das zumeist nicht unbedingt so toll+haben nur in seltenen fällen beigetragen zum vorankommen aller.
viel häufiger wurde dem allgemeinen fortschritt entgegengearbeitet+am umsturz,um die alten vorherrschaften wieder herzustellen.
ich hab mir das in argentinien sehr genau+lange angeschaut,die alten familien,die besitzverhältnisse,die medienmacht.
man schaue sich nur an was gerade passiert,genau das gleiche wie unter menem,der das land in wahrheit ruiniert hat.
ähnlich ist es wohl in brasilien.zu petrobas+anderem:südamerika ist schwierig,man findet sehr sehr schwierige verhältnisse vor,mit denen man umgehen muss,dabei ganz sauber bleiben ist fast unmöglich.
alternatives handeln wäre oft nur noch schlimmer.

ophorus
Natürlich

ist das ein abgekartetes Spiel.
Eine Regierung die auch nur einen Hauch nach "Links" riecht, MUSS gechanged werden.
Das ist in den USA seit Jahrhunderten festgelegt, und wird von allen "Partnern" so anerkannt und durchgeführt.
Wegen "Korruption" musste noch nie eine rechte Regierung gehen.

FalkoBahia
Kommentar zum Kommentar

Auch ich lebe seit 15 Jahren in Brasilien und beobachte die Politik genau.

"Der Widerstand kommt aus einer sehr konservativen Ecke" - Die PMDB von Hr.Temer bezeichnet sich als liberal und war der größte Koalitionpartner (von 12) der sozialistischen Arbeiterpartei (PT) von Fr.Dilma.

"eine Frau, die die Elite mit ihren Programmen bedroht" - Wenn das der Grund wäre, hätte die Amtsenthebung viel früher stattfinden müssen, denn Dilma ist seit fast 6 Jahren im Amt und hat die Politik ihres Ziehvaters Lula nur fortgesetzt.

"Temer wird für die internationale Finanzwelt regieren" - Temer ist selbst Unternehmer und wird natürlich mehr für die kriselnde Wirtschaft tun müssen. Die internationale Finanzwelt dürfte ihm dabei ziemlich egal sein, es geht um die eigenen Vorteile und das gesamte korrupte System am Laufen zu halten.

Die seit Tagen im Senat laufende Debatte ist übrigens ziemlich armselig, da sie sich fast ausschließlich darin erschöpft, sich gegenseitig Manipulation vorzuwerfen.

Hankra
Richtige Analyse

Schön, hier endlich mal eine Analyse mit mehr Hintergrundwissen zu lesen/zu sehen anstatt die üblichen relativ oberflächlichen Berichte! Bitte in Zukunft mehr davon, kann gerne auch etwas ausführlicher sein!

Ich denke auch, dass es das Aufbäumen der alten "Elite" ist, das diesen Prozess antreibt.
Hintergrund: Diese alten "Eliten" haben mitansehen müssen, wie andere Schichten in den letzten Jahren immer präsenter in ihrem Leben geworden sind. Auf einmal müssen Haushaltskräfte richtig behandelt werden (früher wurden sie meist schlecht bezahlt, weil sie ja "zur Familie gehören"), Menschen mit dunkler Hautfarbe sind nun als Studenten an der Uni und nicht mehr nur als Putzkräfte, allgemein gesagt: Menschen aus einfacheren Verhältnissen erobern langsam Bereiche, zu denen sie früher keinen Zutritt hatten (Unis, Flughäfen, bessere Restaurants etc.). Bei den Protesten in den letzten Jahren war das ein deutlich spürbarer Faktor.

willi wupper sen.
wanderer

diesen text habe ich nun schon mehrmals gelesen. dadurch werden die aussagen aber nicht richtiger. nur so; die kirchner clique war eine ganz besondere spezis von kriminellen!

8geber
Der Souverän, das "Volk", hat noch nicht gesprochen!

Brasilien steckt wie viele andere Staaten in einer tiefen Krise – einer Krise, unter der vor allem die unteren Schichten und Klassen leiden, während sich diejenigen, deren Vertreter die Mehrheit des Senates bilden, daran ganz gut gesundstoßen. Wie soll man es also dann anders als als „kalten Staatsstreich“ bezeichnen, wenn die die „Gunst der Stunde“ nutzen, um sich noch mehr zu bereichern? Wobei ein hoher Prozentsatz von ihnen – einschließlich Temer – anscheinend genug Dreck am Stecken hat, um selber vor Gericht gestellt zu werden. Mit dem Unterschied, dass sie in die eigenen Taschen wirtschaften, während Rousseff gerade für diejenigen entscheidet, die es dringend benötigen.
Es ist ein Macht- und Verteilungskampf um den künftigen Kurs Brasiliens, ein Spiel unter Einhaltung von Verfahrensregeln der Demokratie zum Aushebeln der Demokratie. Wir werden sehen, wie es ausgeht. Dem Volk jedenfalls wird es künftig wohl nicht besser gehen, wenn alles so bleibt.

Gast
fora Dilma

Ich glaube, einige Leute außerhalb Brasiliens sehen das ganze Theater zu einseitig. Selbstverständlich lässt sich das einfache Volk "kaufen" und wählt somit den Spender (Lula, Dilma). Dass deren Partei PT jede Menge Dreck am Stecken hat, lässt sich aber nicht leugnen. Lula und Familie sind während seiner Amtszeit aus der schlichten Arbeiterklasse zu Multi-Millionären aufgestiegen. Wie denn das? Klar auf Kosten des Volkes! Dass es unter Temer besser wird, glauben nicht mal viele Brasilianer. Andererseits sind sie es einfach leid zu sehen, wie es mit dem Land (zuletzt unter Dilma und ihrer PT) wirtschaftlich den Bach runter geht. Also wird das Negative verteufelt und der vermutliche Verursacher abgewählt. Sind nicht in aller Welt Wahlen längst schon "Anti-Wahlen"? Kurt Tucholsky meinte dazu: Das Volk versteht das meiste nicht, aber es fühlt das meiste richtig.

fathaland slim
16:57, TIP2016

>>Aber dort wird durch die USA zum Sturz dieser Regierung aufgerufen und bei uns ist ES halt nur das "Pack" die zu einem Regierungswechsel aufrufen.<<

Verstehe ich Sie richtig? Die USA haben zum Sturz der brasilianischen Regierung aufgerufen? Wann und wo denn?

Und jede Partei, die im nächsten Bundestagswahlkampf antritt, um die CDU-geführte Regierung abzulösen, also bei der SPD angefangen und alles links davon, ist für Sie Pack?

Wirklich interessant.

>>Ich brauche keinen Lateinamerika-Experten um zu Erkennen wer hinter diesen Machenschaften steckt!<<

Es ist die brasilianische Oberschicht. Oder wer ist es Ihrer Meinung nach?

Gast
Einseitiges Interview

Ich wohne 20 Jahre in Brasilien und stimme dem Inhalt des Interviews nicht zu. Dilma Rousseff hat das Land in die grösste Wirtschaftkrise seit 80 Jahren geführt und damit, trotz ihrer sozialromantischen Reden, gerade auch ihrer Klientel grossen Schaden zugefügt. Ihre Regierungspartei, die PT, ist in in Bezug auf Korruption kaum zu übertreffen. Auch wenn sie sich nicht selbst bereichert hat, trägt sie als Aufsichtsratsvorsitzende der Petrobras für den grössten Korruptionsskandal in der Geschichte Brasiliens direkte Verantwortung.

Ihre disaströse Politik hat sicherlich dazu geführt, dass man dann einem juristischen Grund für ihre Amtsenthebung gesucht und diesen schliesslich in ihrem katastrophalen Finanzmanagement gefunden hat -vielleicht ein Vorwand. Aber Dilma ist keine Heldin, die von der Elite entmachtet wird. Sie ist eine gescheiterte Präsidentin, die heute fast nur noch von Gewerkschaften und linken NGOs unterstützt wird.

pnyx

Erstens: 60 % derjenigen, die über Rousseffs Amtsenthebung entscheiden, sind in Korruptionsverfahren verwickelt oder zumindest mit massiven, konkreten Vorwürfen konfrontiert. Was Rousseff vorgeworfen wird, war dagegen auch bei ihren Vorgängern gängige Praxis und wurde nie beanstandet.
Zweitens: "Hoffnungsträger" Temer, der selbstverständlich zu diesen 60 % gehört, hat bereits eine ultraneoliberale Wende eingeleitet, die naturgemäss den Vertretern des Finanzkapitals in den Kram passt, aber mit Sicherheit die wirtschaftliche Lage von Millionen von Brasilianern derart verschlechtern wird, dass es zu Unruhen kommen wird.
Drittens: Das Amtsenthebungsverfahren steht zwar so in der Verfassung, ist jedoch ein Unding, da in ihm die Legislative zur Judikative wird. Dass es dabei, wie in diesem Fall, zu Missbräuchen kommt, ist daher vorprogrammiert.

FalkoBahia
@pedrogringo, 17:07

Sehe ich ganz genau so. Natürlich wäre es in der jetzigen Situation am besten das Volk in Neuwahlen entscheiden zu lassen. Denn sowohl Dilma als auch Temer hätten heute keine Chance mehrheitlich gewählt zu werden. Leider ist es aber so, dass es unter den aktuellen Köpfen in der Politik, selbst unter dem Drittel, das evtl. nicht korrupt ist, Niemanden gibt, der sich wirklich als Präsident eignen würde. Insofern scheint es wohl doch die beste aller Möglichkeiten zu sein, die Clique Temer jetzt noch gut 2 Jahre regieren zu lassen, damit sich bis zur nächsten Wahl 2018 dann eine neue Kraft formieren kann, die dann mit dem alten und überholten System aufräumt. Dazu bedarf es vermutlich eines Generationswechsels, aber es gibt bereits einige junge Politiker, wie z.B. den 38-jährigen Bürgermeister von Salvador, ACM Neto, dem nicht mehr viel fehlt, auch größere Ämter zu übernehmen.

fathaland slim
17:29, Nils2010

>>Aber Dilma ist keine Heldin, die von der Elite entmachtet wird. Sie ist eine gescheiterte Präsidentin, die heute fast nur noch von Gewerkschaften und linken NGOs unterstützt wird.<<

Sie ist vielleicht keine Heldin, es ist aber eine Tatsache, dass sie gerade von der traditionellen korrupten oligarchischen Elite des Landes entmachtet wird.

Deswegen wird sie von den Gewerkschaften und den linken NGOs unterstützt. Das sind nämlich traditionell die Interessenvertreter der "Unterschicht".

NGOs sind in Querfrontkreisen ein Synonym für den Leibhaftigen. Das nur am Rande.

Boris.1945
17:49 von pnyx

Erstens: 60 % derjenigen, die über Rousseffs Amtsenthebung entscheiden, sind in Korruptionsverfahren verwickelt oder zumindest mit massiven, konkreten Vorwürfen konfrontiert. Was Rousseff vorgeworfen wird, war .. auch bei ihren Vorgängern gängige Praxis und wurde nie beanstandet.
Zweitens: "Hoffnungsträger" Temer, der selbstverständlich zu diesen 60 % gehört, hat .. eine ultraneoliberale Wende eingeleitet, die n...m passt, aber mit Sicherheit die wirtschaftliche Lage von Millionen von Brasilianern derart verschlechtern wird, dass es zu Unruhen kommen wird.
Drittens: Das Amtsenthebungsverfahren steht zwar so in der Verfassung, ist jedoch ein Unding, da in ihm die Legislative zur Judikative wird. Dass es dabei, wie i...all, zu Missbräuchen kommt, ist daher vorprogrammiert.
///
*

Das fällt immer nur auf, ween einem eine Entscheidung nicht gefällt.
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Von den 40 % Edlen scheidet die Präsidentin mit "gängiger Praxis" auch aus.
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Und Unruhen anzukündigen, hat schon was, bei diesen Gerechten?

willi wupper sen.
@nils

aber die wahrheit versucht die hiesige schreiberschaft mit allen mitteln zu verschleiern. es darf halt nicht sein, daß auch der letzte kommunistisch/socialisische traum zur seifenblase wird.

Gast
Antwort an Nils 2010

Da wohnen Sie genau so lange im Lande wie ich. Ich kann Ihrem Kommentar nur 100% zustimmen! "Sozialromantik" klingt schön, werde ich mir merken. Leidtragender ist wie immer "das Volk - der große Lümmel" wie schon Heinrich Heine sagte.

Hankra
@Nils2010

Ich denke, Sie sollten vorsichtig damit sein, die Schuld für die Wirtschaftskrise vollständig bei Dilma oder Lula abzuladen.
Die brasilianischen Wähler haben eine Mitte-links Präsidentin (falls man PT noch als links bezeichnen kann) und einen sehr konservativen Kogress zusammen gewählt. Konservativ im Sinne, die alten Strukturen zu erhalten. Nachdem diese Kräfte das Ergebnis der letzten Wahl nicht akzeptieren wollten, haben sie alles dafür getan, um die Amtsenthebung zu erreichen (oder sie haben dieses Szenario ausgenutzt, um durch Erpressung eigene Vorteile herauszuschlagen), von einer vernünftigen Oppositionsarbeit (und auch Regierungsarbeit) konnte ich zumindest nichts sehen - oder Sie etwa?
Diese Blockade hat meiner Ansicht nach massiv dazu beigetragen, dass sich die wirtschaftliche Krise verschärft hat. Ich würde sogar behaupten, dass dies von führenden Kräften (die jetzt in der Regierung sind) wissentlich in Kauf genommen wurde, um Dilma weiter zu schwächen.