Konjunkturprogramm in Japan

Ihre Meinung zu Japan: 175-Milliarden-Konjunkturprogramm - trotz Rekordschulden

Es ist das größte Konjunkturpaket seit der Lehman-Pleite, das die japanische Regierung auf den Weg gebracht hat: Umgerechnet 175 Milliarden Euro sollen aufgewendet werden, um die Wirtschaft Japans zurück auf den Wachstumspfad zu bringen - trotz gigantischer Staatsverschuldung.

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12 Kommentare

Kommentare

Kenner
Richtiger Weg, falsche Begründung

Während wir in Europa die Millarden zur direkten Rettung unserer Banken oder zur Finanzierung der Hochfinanz über den Umweg der Krisenstaaten ausgeben, nutzt Japan im Angesicht der globalen Verschuldungskrise die letzten Chancen sich mit billigem Geld zukunftsfit zu machen. Was die Japaner wissen aber nicht laut aussprechen: Eine Konsolidierung ihres Haushaltes und aller Haushalte der großen Industrienationen ist schon der Mathematik halber unmöglich. Der Schuldenschnitt/die Inflation, das dicke Ende wird zwangsläufig kommen. Die Japaner haben sich angesichts dessen entschieden vor diesem globalen Reset noch einmal in die Vollen zu gehen und mit billigem Geld in die Zununft ihres Landes zu investieren, erneuerbare Energien, Infrastuktur...
Man kann sie dazu nur beglückwünschen. Nach der Krise werden wir uns Fragen: Warum haben wir stattdessen uns und unsere südlichen Nachbaren gezwungen unsere Staaten kaputt zu sparen?

Gast
Steuern und Schulden

Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Wenn die Schulden nicht für rentable Investitionen genutzt werden, welche selbst die Rückzahlungen und Zinsen erwirtschaften, dann muss am Ende die Mehrheit dafür zahlen in Form von Steuern oder Sozialkürzungen.

Die geplanten japanischen Ausgaben für z.B. Katastrophenschutz erwirtschaften keine Gewinne und damit wird hier nur kurzfristig Wachstum angeregt, nämlich in der Bauphase, danach fällt man umso stärker zurück.

Aus Sicht nachhaltigen Wirtschaftens ist eine Schuldenpolitik extrem gefährlich und sollte per Grundgesetz von Anfang an verboten werden. Selbst in nationalen Notfällen muss man sich nicht verschulden, man könnte einmalige Sondersteuern erheben.

Warum wird es trotzdem getan? Im Finanzsystem kann Rendite nur durch neue Schulden geleistet werden. Nur der Schuldner zahlt Zinsen, welche der Vermögende einstreichen will.

Kingfisher
sehr riskantes Vabanquespiel

Die neue Regierung setzt also die Verschuldungspolitik der Vorgängerregierungen fort und sucht in weiterer Verschuldung die Lösung für die strukturellen Probleme. Doch auch die bisherigen Stimuluspakete haben nur kurzfristig zu mehr Wachstum und langfristig zu mehr Verschuldung und entsprechend weniger Wachstum geführt. Warum sollte es diesmal anders sein.

Wenn die Zinse auch nur etwas steigen, weil vielleicht einige Investoren angesichts der gigantischen Schuldenberge unsicher werden, wird es richtig gefährlich für Japan. Bei Schulden > 200% des BIP können leicht kleine Zinserhöhungen zu einem nicht mehr zu finanzierenden Desaster führen ähnlich wie in Griechenland. Da kommt dann leicht eine Dynamik in Gang, von schwindendem Investorenvertrauen und steigenden Zinsen, die nicht mehr zu stoppen ist.

Gast
@Kingfisher: Eigendynamik hoher Verschuldung

Ihr Gedankengang ist richtig und deckt sich sogar mit Analysen des sehr konventionellen IWF. Man geht davon aus, dass Verschuldung bei ca. 130 Prozent des BIP eine Eigendynamik übernimmt, deren Kontrolle der Staat verliert. Spätestens hier beginnt ein Pyramidenspiel, ein Kettenbrief. Man kann nur noch mit neuen Schulden die alten ablösen, die Zinsen zahlen. Man ist abhängig vom Zinsniveau und könnte schlagartig in die Zahlungsunfähigkeit geraten, wenn die Situation schlecht steht. Daher wird ja auch verlangt, dass Griechenland durch Schuldenschnitte ihre "Schuldentragfähigkeit" zurück erlangt.

Japan hat nun das "Glück", sich fast nur beim eigenen Volk verschuldet zu haben. Sie könnten es also dem Volk wegnehmen oder streichen, aber das würde innenpolitisch die jeweilige Regierung wegfegen, das weiß man aus der Geschichte, daher passiert es (noch) nicht.

Gast
Inflation

Während die Japaner mit höheren Schulden durch die Notenbankpresse finanziert inflationieren, inflationiert Deutschland langfristig um die Schulden der Südländer zu finanzieren.
Siehe auflaufende Targetsalden der EZB und deren Geldpolitik.

Mir wären die Vermögensverluste der Japaner sympathischer.

Es stellt sich so die Frage: Wessen Interessen unser Politiker ehedem und heute vertreten. Gegen die Gesetze der globalen Oekonomie werden sie über die nächste BT Wahl hinaus nichts bewegen.

Gast
Durch systemische Zwänge sind die Regierungen

getrieben, Dinge zu tun, die aller Rationalität und Logik widersprechen. Die kapitalistische Marktlogik saugt alles ein und führt die Dinge ad absurdum. Die Regierungen bauen auf Sand weil sie vom systemimmanenten Wachstumszwang getrieben werden.

Irgendwie muss dieser Irrsinn durchbrochen werden, schon heute beruht unser Wachstum auf Verbraucherbetrug der Hersteller. Alles wird absichtlich kurzlebiger gemacht, dass immer wieder neu gekauft werden muss. Und darauf beruht das Wachstum. Ein einziger Irrsinn, dieses System.

Man muss radikal und ganz neu denken denn die kapitalistischen Grundannahmen stimmen zwar meist, aber die Kosten für den erzeugten Wohlstand sind viel zu hoch. Das System kann auch nicht das ideale sein, wenn in regelmäßigen Abständen die ganze Sache zusammen zu brechen droht.

Der Kapitalismus wird in dieser heutigen Form langfristig nicht bestehen bleiben.

Gast
@Kenner - Geld schöpfen

Kenner:
Warum haben wir stattdessen uns und unsere südlichen Nachbaren gezwungen unsere Staaten kaputt zu sparen?

Das hat einen einfachen Grund: Der japanische Staat leiht sich Geld, das es in der japanischen Gesellschaft schon gibt. Es gehört entweder unmittelbar den Sparern oder mittelbar über Banken und Versicherungen.

In Europa macht man es viel geschickter. Hier wird Geld geschöpft. In dem Moment, in dem der Staat sich Geld leiht, schöpft es die EZB aus dem Nichts. Entsprechend hat dies auch keine negativen Folgen, denn es ist ja nur Giralgeld.

Gast
Germany on Hearts: Giralgeld ist nicht schlimm?

"In Europa macht man es viel geschickter. Hier wird Geld geschöpft. In dem Moment, in dem der Staat sich Geld leiht, schöpft es die EZB aus dem Nichts. Entsprechend hat dies auch keine negativen Folgen, denn es ist ja nur Giralgeld."

Das halte ich für eine falsche Schlussfolgerung. Mit Giralgeld werden Löhne, Mieten und sogar Lebensmittel (per ecKarte) gezahlt. Es existiert ja nur ca. 3 Prozent "reales" Zentralbankgeld in Form von Noten und Münzen, der viel größere Teil ist Giralgeld und erzeugt Blasen auf den Finanzmärkten, erhöht Immobilienpreise, wird bald Mieten steigen lassen und dann über Gewerkschaften die Löhne steigen lassen.

Das Schlimme dabei ist, dass unsere derzeitige Variante von Zentralbanken kaum noch Kontrolle über Giralgeld hat, welches nämlich von Privatbanken geschöpft wird. Hier sind definitiv Reformen nötig, z.B. die Schaffung einer unabhängigen Monetative, einer Zentralbank, die auch das Giralgeld schöpft und bei Bedarf vernichtet.

Kenner
@germany onhearts4: Schuldgeldschöpfung

Zwar leiht sich der Staat nicht nur Geld bei der EZB (letzlich über Tagets) sondern auch von Privaten aber im Endeffekt haben sie schon recht, denn alles Geld ist letzlich irgendwo geliegen also Giralgeld :-). Nur leider verursacht dieses Giralgeld reale immer weiter wachsende Zinsen. Diese Zinslast zahlen sie und ich an der Ladentheke und über die Steuern und irgendwann ist eben mal Schluß damit. Dann bricht das Schuldenwerk mangels weiterer Finanzierbarkeit in sich zusammen. Um das hinauszuzögern werden wir seit Jahrzehnten mit Wachstumsparolen zugedröhnt und weil das nicht mehr ausreicht mit Spardiktaten...

DeHahn
Wir sitzen alle in einem Boot!

Deshalb, egal, wierum man es dreht, ob man vernünftig ist und spart, ob man Geld druckt, ob man Konjunkturprogramme startet oder Sozialsysteme runterfährt: der Wurm ist drin, denn es gibt a) zu viel Privatvermögen und b) zu viele Schulden.

Das Privatvermögen ist ein Mehrfaches höher, als die Realwerte und die Staatsverschuldung ist höher, als normal erwirtschaftet werden kann. Ohne einen Schnitt auf beiden Seiten wird das nix mehr.

Aber den macht keiner freiwillig, denn der Staat versucht, weil er ja inzwischen mehrheitlich die Vermögenden vertritt, zu denen auch die Politiker gehören, deren Vermögen zu schützen und begibt sich damit in die Quadratur des Kreises bis zum bitteren Ende. Das werden wir irgendwann einSEHEN müssen.

Kenner
Einige gute Kommentare...

...Ich habe das Gefühl, so langsam durchblicken immer mehr Menschen die Sache.

Gast
Inlandsverschuldung

Jeden Yen den sich die Japaner von ihrem Volk leihen gibt das Volk nicht aus und investiert es auch nicht. Das schlägt eine Wachstumslücke die der Staat durch neue Schulden ausgleichen will und gleichzeitig die Zinszahlungen vergrößert, was zu mehr Nettokreditaufnahme+Umschuldung führt und somit wieder Geld aus der Wirtschaft zieht.

bravo der Teufelskreis ist perfekt bis Staat und Gesellschaft sich gegenseitig zerstören sobald das Vertrauen nicht mehr hundert prozent ist