Militärpolizei vor einer ausgebrannten Moschee in Kairo

Ihre Meinung zu Interview: Radikalisierung als Strategie des Militärs?

Durch das harte Durchgreifen des Militärs wird die Muslimbruderschaft radikaler werden. Das könnte verstärkte Polizeigewalt nach sich ziehen, erwartet Ägypten-Experte Stephan Roll im tagesschau.de-Interview. Doch die Gewaltspirale könnte Teil einer Strategie des Militärs sein.

...mehr ...weniger
Dieser Artikel auf tagesschau.de
Kommentieren beendet
25 Kommentare

Kommentare

Der_Historiker
Ist doch gut

Wenn durch das harte Durchgreifen der Armee die Muslimbrüder radikaler werden, dann haben wir doch unser Ziel erreicht und die Muslimbrüder sind Terroristen, so wie wir sie sehen wollen. Dann können die Amis die Muslimbrüder endlich militärisch bekämpfen und hätten dazu einen legalen Deckmantel.
Tragikomödie!

Thomas Wohlzufrieden
Was willst Du mit dem Dolche, sprich!

Es muss dem Militär klar sein, das durch hartes Vorgehen die Muslimbruderschaft zu mehr Gewalt provoziert wird. Steckt etwa Absicht dahinter?

Agent lemon
Lieber Herr Roll.

Das ist die sachlichste und beste Analyse zum Thema , die ich bisher zu lesen hatte. Diese Analyse zeugt von extremem Sachverstand von Land und Leuten. Bravo. Vielleicht bewegt das ja so Manchen zum umdenken.

Rinsui
Unvorhersehbar?

"Und wir waren vielleicht zu unkritisch, dass sich diese Gruppe aus vielen kleinen Gruppen und Partikularinteressen zusammensetzt: aus Jugendlichen, die vielleicht auch andere Vorstellungen von Demokratie haben als wir."
...
Also, ich klinge jetzt vielleicht wie Mr. Neunmalklug, aber: ich habe mich von Anfang an gefragt (siehe meine früheren Beiträge), wer denn tatsächlich so naiv sein kann, die paar urbanen Jugendlichen aus besserem Hause, die eine Demokratie nach westlichem Vorbild als Ziel vertreten haben, als repräsentativ für die große Masse der (vorwiegend Land-) Bevölkerung anzusehen.
...
Oder ausgerechnet das Militär, das schon unter Mubarak für ein ganz eigenes Verständnis von "Ordnung" gesorgt hat, als Retter dieser Demokratie.
...
Oder den Militärputsch als legitimes Mittel, um die gewählte Regierung zu beseitigen, weil einige von deren Entscheidungen nicht gefielen.
...
Oder die Einmischung der USA als Ergebnis einer altruistischen Grundgesinnung.
...
Oder... (Platz aus)

Gast

Vielleicht erbarmt sich ja die Uno, und schickt Friedenstruppen. Das muss natürlich durch das ägypt. Militär genehmigt werden. Argument ist, dass das Militär in Ägypten einen Reizfaktor für die Leute darstellt. Das Militär kann das nicht länger als einige Wochen durchziehen, ohne genau die Anarchie zu erzeugen, die sie vorgeblich verhindern wollte.
>
Ich glaube nicht an Vorsatz, sondern krankhafte Ideologie (der Staat will seine neue Souveränität "üben"). Rekrutiert das Gedankengut und Handlungsweise aber noch aus der Zeit Mubaraks (autoritäres Regime).
>
Ich denke, das wird sich bald einpendeln, wenn es auch erst mal heftig weiter geht mit der Gewaltspirale.

Oberkobold
Wer will den Dialog?

zitat
"Meine Hoffnung wäre aber, dass es von außen gelingt, das Militär, die Übergangsregierung dazu zu bewegen, dass sie erkennt, dass es eine Lösung nur durch Dialog mit der anderen Seite geben kann."
-
Das Problem ist nicht die Übergangsregierung oder das Militär. Die Muslimbrüderschaft will keinen Dialog. Solang man diese Gruppierung nicht zu einem Dialog bewegen kann, gibt es wenig Möglichkeiten.
-
Zur Erinnerung, der Muslimbruderschaft wurde ein Dialog angeboten. Danach kam von denen die Erklärung, dass sie auf uneingeschränkte Wiedereinsetzung von Mursi bestehen und ihnen wieder die Regierungsgewalt übergeben wird. Im Vorfeld hatte die Muslimbruderschaft ehemalige Terroristen als Gouverneure eingesetzt und weite Teile der Bevölkerung sahen die Gefahr einer radikalen Islamisierung des Landes.
-
Natürlich sind die Putschisten nicht perfekt. Jedoch braucht es zu einem Dialog die Bereitschaft aller Seiten.

Oberkobold
@Der_Historiker - 15. August 2013 um 18:42

zitat
"Wenn durch das harte Durchgreifen der Armee die Muslimbrüder radikaler werden, dann haben wir doch unser Ziel erreicht und die Muslimbrüder sind Terroristen, so wie wir sie sehen wollen."
-
Die Muslimbruderschaft hatte schon vor dem Putsch Mitglieder von terroristischen Vereinigungen als Mitglieder. Kurz vor dem Putsch wurde von Mursi in Luxor jemand als Gouverneur eingesetzt, der zu der Terrorgruppe gehört, die damals am Hatschepsuttempel 65 Touristen ermordet haben. Als Folge dessen kam es zu Demonstrationen in Luxor, später landesweit und zum Schluss zum Putsch.
(Kurzfassung)

Gast
endlich einmal eine realistische, fachliche Einschätzung hier

... ich sehe es auch als gezielte Strategie, die MB zu radikalisieren. Für ein Zufallsprodukt ist der Putsch viel zu gut ausgedacht und exzellent in Szene gesetzt.

Gast
Keine Chance!

Solange in den arabischen Ländern die Religion so stark mitmischt, kann es mit "normalen" Zuständen nichts werden. Sunniten, Schiiten und Aleviten sind untereinander spinnefeind, keiner will dem anderen etwas nachgeben. (Siehe Irak). Wenn es nicht gelingt, den Islam und auch jede andere Religion aus den Staatsgeschäften heraus zu halten
kann es keinen Frieden und keine Ordnung geben. Die besten Politiker sind Pragmatiker, die ihr jeweiliges Land nur nach dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Fortschritts regieren. Dann ist auch Ruhe im Karton!

DeHahn
Man muss sich in der Mitte treffen,

wenn man Gemeinsamkeiten finden will.
.
Mursi und seine unsäglichen Brüder aber wollen einseitig, verbohrt durch ihren religiösen Wahn, das Land ins Mittelalter zurückführen, wo jede Frau in Sack und Asche gehen muss und die Menschen wieder auf dem Esel reiten.
.
Der Westen hat X gewählte Staatsoberhäupter (Iran, Chile etc.) beseitigen lassen und Diktaturen eingeführt (Pinochet), die zur Niederhaltung der Systemgegner sogar CIA Folterfiebeln bekommen haben (Colonia Dignidad) und einige von diesen einfach ausm Hubschrauber ins Meer warfen, ohne dass jemand groß gemurrt hat.
.
Nun, in Ägypten, da wird das Ergebnis eines aufgebrachten Pöbels unter der Lupe betrachtet. Wie soll man denn dort friedlich arbeiten, wenn eine Seite die Mitarbeit verweigert? Und warum ist der Westen plötzlich und unerwartet FÜR DIE MUSLIMBRÜDER, wo er doch vorher monatelang den Sieg des Islamismus in Ägypten bejammert hat? Vom Saulus zum Paulus?

Agent lemon
@L.Ludwig

Sie sagen es, nur verstehe ich beim besten Willen nicht, warum es so viele Blutgeier hier gibt, die NULL Ahnung haben und nach Blut gieren. Spiegel online und Welt machen mich frieren. Da meint man am NPD Stammtisch zu sein. Viele Kommentatoren sollten nur mal das Wort Islamist mit Jude austauschen. Da kommen Sachen rauf, da wirds dir kalt. Man meint im falschen Film zu sein.

Gast
... vielleicht doch eine kleine abweichende Einschätzung

Herr Roll sieht die Lage eher als stabil an. Das ist rein machttechnisch gesehen durchaus richtig, jedoch gibt es auch einige Unbekannte:
1. Es kann im Fortgang zu Radikalisierungen innerhalb der Armee kommen, nicht nur von Muslimen, sondern auch von 'Demokraten'. Beißt man der Schlange den Kopf ab, zuckt der Körper oft lange unberechenbar.
2. Die Radikalisierung der MB könnte derart erfolgen, dass zunehmend mit Guerilla-Taktiken gearbeitet wird. Das schadet schnell der Wirtschaft und ist schwer militärisch unter Kontrolle zu bringen. Hit-and-run könnte stay-and-protest ablösen.
3. Wenn sich in Ägypten die Stimmung gegen das Militär wendet und es erkennbar-nicht-muslimische Proteste gibt, die gleichfalls niedergeschlagen werden, wird es langsam auch den USA schwerfallen, ihre doppelzüngige Machtpolitik im eigenen Land zu verkaufen.
4. Die Radikalisierung der MB muss nicht auf Ägypten und die MB beschränkt bleiben. Es könnte zu einer neuen Terrorwelle in den USA und der EU kommen.

Gast
@Agent lemon

leider muss auch ich feststellen, dass es sehr einfach zu sein scheint, die öffentliche Meinung zu lenken. Man wird hier im Forum allzu oft in ein Eck gestellt, wenn man eine kritische Position einnimmt. Sie (Agent lemon) haben ja dankenswerter Weise jedenfalls ihre Stimme als einer der ersten kritisch erhoben, lange bevor dergleichen auch in den kommentierten Artikeln zu lesen war.

Gast
@ 20:45 von Agent lemon

"Viele Kommentatoren sollten nur mal das Wort Islamist mit Jude austauschen"
.
Volle Zustimmung! Es ist zutiefst beschämend! Danke für Ihren Beitrag!

Gast
@agent lemon

Zitat: "Viele Kommentatoren sollten nur mal das Wort Islamist mit Jude austauschen". Das ist pure Polemik und sie trifft es auch nicht. Wenn schon, dann müsste das Wort Islamist mit dem Wort Zionist oder dem Begriff Ultraorthodoxer Jude ausgetauscht werden... Islamismus ist nicht Islam... ich vertrete den Standpunkt, dass Islamismus wie die meisten anderen religiöse Fundamentalismen mit Wort und Tat bekämpft werden sollten und zwar genauso kompromisslos, wie Vertreter dieser Ideologien meine (weltliche) Anschauung und Lebensweise zu vernichten trachten. Verzeihen Sie mir - aber Feindschaft ist keine Einbahnstraße und nicht alle Menschen sind Schafe.

Gast
Der Vergleich hinkt gewaltig

Viele Kommentatoren sollten nur mal das Wort Islamist mit Jude austauschen.

Das ist nicht vergleichbar. Jude ist man oder man ist es nicht. Selbst jemand, der sich vom jüdischen Glauben abgewandt hat, bleibt Jude im Sinne einer Volkszugehörigkeit und wäre von biologischen Antisemiten natürlich verfolgt worden.
Islamismus hingegen ist eine politische Ideologie, ähnlich wie z.B. der Kommunismus, nur unter Berufung auf Gott. Beide haben gemein, dass sie die danach streben, die Gesetzgebung ideologisch auszurichten, und das durchaus zum erheblichen Nachteil für alle, die entweder nicht Anhänger der Ideologie sind oder denen aus Sicht der Ideologie weniger Rechte zustehen als anderen.

Gast
@ 21:43 von Klette

Sie werden wohl kaum bestreiten, dass heutzutage "langbärtige" Herrschaften Ängste auslösen. Im Bus, im Flugzeug, im Kaufhof. Das ist zutiefst beschämend!
.
Sie und ich sind dazu verpflichtet den Entwicklungen vorzubeugen. Es ist mir eine Ehre als Deutscher Christ. Und Wir sollten uns um die Herausstellung gemeinsamer Werte bemühen.
.
Ich bin kein Mursi-Freund - jedoch haben die demokratiegläubigen Moslems ein Recht darauf zu demonstrieren! Und sie haben ein Recht darauf nicht in einen Topf geworfen zu werden mit Radikalen die zur Waffe greifen.

Kimo

Ich denke eine absichtliche Radikalisierung der MB ist gar nicht notwendig. Einer Ihrer führenden Kõpfe hat als Kommentar auf Tamarud (die die unterschriften gegen Mursi gesamelt hat) angekündigt, daß sie die macht nicht abgeben würden und sollte es so kommen "Ägypten brennen lassen würden, mit ferngezündeten Bomben und so". Übersetzung sinngemäß, auf einem inzwischen geschlossenen den MB nahestehenden Fernsehsender gesehen.

Kimo

nachdem ich mich die letzen 20 Jahre immer wieder mit den MB beschäftigt habe glaube ich persönlich nicht, daß es eine friedliche Lösung möglich gewesen wäre, leider. Meine, zugegebenermaßen Kontakte in Ägypten meist westlich orientierten Kontakte in Ägypten sind sich in jedem Fall einig, das egal wie schlimm es wird, und auch um den Preis einer eventuellen Militärdiktatur das faschistische System das die MB dabei waren in Ägypten zu errichten gestoppt werden mußte.
Es bleibt abzuwarten ob die pessimistische aber nicht unrealistische Einschätzung aus dem Interview eintritt oder das Militär eine neue Haltung als Garant einer zivielen und zunehmend demokratischen Ordnung in den Hintergrund tritt, so daß sich Ägypten uber die nächsten 20 bis 30 Jahre zu einer echten Demokrate entwickeln kann.

Gast
@ 22:12 von Kimo

Unabhängig von Religionen würden das unsere Regierenden auch fordern. Oder französiche Präsidenten ...
.
Wie naiv sind Sie? MfG ...

Kimo

@gierde zerstört
leider muss ich als deutscher Muslim sagen, daß dir langbärtigen Herrschaften auch bei mir Ängste auslösen. Das Gesellschaftssystem das vielen dieser Herrschaften vorschwebt entspricht nicht meinem verständnis des Islam und das möchte ich in meiner deutschen Heimat definitiv nicht haben. Das es bei manchen eine allgemeine Islamphobie gibt will ich gar nicht bestreiten; es ist aber teilweise nicht leicht durchzublicken, es bessert sich zwar, da muss aber auch noch viel getan werden.

Imperialismus live
Interview mit Stephan Roll

Im letzten Absatz erfährt die Muslimbruderschaft eine deutliche Verharmlosung. Insgesamt zeigt Hr. Roll eine bemerkenswerte Sympathie für die MB, was auf mich parteilich wirkt.

Die Gewalt gegen andere Religionsanhänger und ihre Kultstätten (hier: die koptischen Kirchen) ist überhaupt nicht zu rechtfertigen, z.B. mit "Wut".

Wenn die Führung der MB die Mursi-Anhänger nicht mehr unter Kontrolle hat, sodaß die eben zu Gewalt greifen (auch Widerstand gegen polizeiliche Anordnungen ist Gewalt!), dann ist das erst recht ein Grund solche Leute aus dem Verkehr zu ziehen.

Es kann ja nicht angehen, daß jetzt ganz Ägypten nur noch auf die Befindlichkeit von wütenden, randalierenden Muslimbrüdern Rücksicht zu nehmen hat.

Xabbu
Vielen Dank Alexander Stenzel für das Video

Vielen Dank für den Videobeitrag, der das Geschehen differenziert und ohne eigene Bewertung darbringt.

Bitte mehr solcher Videos von ihnen.

Gast
"Imperialismus live" hat leider recht

Die Muslimbrüder werden permanent verharmlost. Das ist allerdings nun mal die offizielle Lesart der westlichen Medien, der sich auch tagesschau.de nicht entziehen kann oder will. Tatsache ist jedoch, dass gestern und heute bei den Brandanschlägen auf Kirchen auch etliche koptische Christen ums Leben gekommen sind. Und natürlich handelt es sich bei den Täter um radikalisierte Muslimbrüder. In wie weit sie in deren politischer Partei "Freedom and Justice" engagiert sind, ist dabei so unerheblich wie die Frage, wieweit Frau Zschäpe mit der NPD liebäugelt. Es sind des gleichen Geistes Kinder. Wenn Herr Roll des Arabischen mächtig wäre, könnte er die permanenten Hetzpredigten fundamentalistischer Imame bei Youtube ja nachhören. Christen haben seit Jahren Angst vor den Freitagsgebeten (insbes. auch in Oberägypten), da hiernach oft aufgeheizte Mobs auf Christen losgehen, deren Geschäfte, Häuser und Kirchen in Brand stecken!

Rokei
Spiel mit dem Feuer

Bei diesem Spiel können langfristig die Militärs und die alte Garde nur verlieren. Die westlichen Unterstützer des Putsches sollten sich so schnell wie möglich von den Mördern um Sissi distanzieren, um auch langfristig ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen in der Region verfolgen zu können!