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Ihre Meinung zu FAQ: Deal im Strafprozess

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Sogenannte "Deals" im Strafprozess sind grundsätzlich verfassungsgemäß. Allerdings gab Karlsruhe allen Beteiligten strenge Auflagen mit. Was heißt das für die Praxis? Und wo liegen Probleme? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

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14 Kommentare

Kommentare

Gast
sicher haben genau wie ich.....

.....viele bürger den eindruck dass die richter hauptverantwortlich sind für das extreme gerechtigkeitsdefizit, das in deutschland an der tagesordung ist / zu sein scheint.

zuletzt bei dem "deal" für den ex buprä und seinen erfüllungsgehilfen, aber auch in inziwschen tagtäglich gesprochenen urteilen, bei denen man sich viele fragen stellt.

wie kann es z.b. sein das ein mensch der einen anderen im strassenverkehr tötet lediglich eine geldstrafe i.h.v. 1500 euro bekommt?

wieso werden kapitalverbrecher je schlimmer desto weniger bestraft?

wieso werden gesundheitsschädigende lebensmittelpanschereien aus rein finanziellen gründen nicht entsprechend mit freiheitsentzug bestraft?

da kann man ja nur dein eindruck haben das viele "urteile / deals) gegen BAT (bar auf tazte) gekauft wurden.

ich wusste gar nicht das richter so wenig verdienen?!?!

Oberfranken KU
In der Erklärung steht es ganz genau

Zitat aus dem Artikel warum Deals so interessant sind: "und langer Wirtschaftsprozesse verführerisch für die Justiz. Schuldige Angeklagte können sich so oft eine Haft ersparen, weil auf die höchst mögliche Strafe mit Bewährung hin "gedealt" wird, also zwei Jahre."

Genau das ist der Punkt der an der Gerechtigkeit zweifeln lässt. Frei nach dem Motto "Wer es sich leisten kann kauft sich einfach frei". Wohlgemerkt ohne Konsequenzen danach. Ob da was in einer Akte steht oder nicht ist diesen Menschen egal, sind sie ja meistens unter ihresgleichen. Auch dieses verrückte darstellen als Kavaliersdelikt in manchen Kreisen ist unausstehlich.

Ich bleibe dabei, den Kleinen hängt man und den Grossen lässt man laufen. So weit weg von der Berlusconi Ebene oder der anderer Länder, über die der Deutsche so gern herzieht (vor allem das bürgerliche Lager), sind wir gar nicht.

Gast
Der Kläger?

Unter "Wie war es im konkreten Fall?" heißt u.a.: "Der Kläger sagt, er habe sich unter Druck gefühlt und daher den Anklagevorwurf bestätigt. Beweise wurden nicht geprüft. Später widerrief er das Geständnis, aber das änderte nichts. "

Sie meinten hoffentlich den Angeklagten. Wäre ja noch schöner, wenn der Staatsanwalt nur unter Druck den von ihm selbst erhobenen Anklagevorwurf bestätigt.

tirilei

Eine schlechte Entscheidung. Sicher, in USA sind "plea bargains" an der Tagesordnung, aber das heisst nicht dass sie gerecht sind oder dass die im deutschen System sinnvoll sind. Die Alternative in USA ist das jury trial, die Gerichtsverhandlung mit Geschworenen, was extrem langwierig ist und beim kleinsten Formfehler zu einer Wiederholung des kompletten Verfahrens fuehren kann. Ohne plea bargains mit anschliessender richterlicher Entscheidung wuerde hier das System zusammenbrechen, und zu jury trials laesst man es in der Praxis nur kommen wenn Fakten strittig sind.
Das deutsche Strafverfahrenssytem ist flexibler und wuerde auch ohne Absprachen auskommen.
Und warum schon wieder englische Worte wie "deal" verwenden? Sieht man amerikanische Fernsehserien als Vorbild?

Lenyat
Gesetzgeber mehrfach gefordert

Schließlich sind die Parlamente auch die Haushaltsgesetzgeber. Und da muss man einfach feststellen, dass Teile der Justiz seit Jahren mehr und mehr überlastet ist. In einigen Bereichen steigen die Fallzahlen exorbitant (z.B. Sozialgerichte). In der Strafjustiz liegt das Problem anders: Die Prozesse werden wegen neuer Ermittlungsmethoden, immer komplexerer Gutachten und so weiter immer umfangreicher. Was früher schnell zu entscheiden war, erfodert jetzt die Auswertung von Videobeweisen, DNA-Spuren, Handydaten usw. usf. - das gab es früher alles nicht.

Mehr Geld gibt es aber kaum für die Gerichte, kein Wunder, dass da gerne ein schneller Deal gemacht wird.

Totengräber
@Raphezir - 16:14

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
Selbstverständlich muss es der "Kläger" heißen, denn der Artikel bezieht sich auf den heute zu Ende gegangenen Prozess - und WER hat da geklagt??? Ah-Ja.

odoaker
Bereitschaft

Im Beitrag heisst es: "Es hängt bei aller verstärkten Kontrolle viel von der Bereitschaft aller Beteiligten in Strafverfahren ab, sich an die gesetzlichen Regeln auch in der Praxis zu halten."

Ich hoffe nicht, dass Rechtsstaatlichkeit in Deutschland von der "Bereitschaft" einzelner abhängt, zumal, wenn sie Richter sind. Auch wenn in den Medien behandelte "deals" manchmal ein "Geschmäckle" haben, dass selbst vor Gerichten manche "gleicher" sein könnten als andere ...

Wenn das aber wirklich so wäre, müssten bei "deals" auch Sanktionsmöglichkeiten schleunigst ausgebaut werden. "Deals" aus Bequemlichkeit oder Opportunität gehören, wenn nicht zu verhindern, zumindest bestraft.

Und wenn "Überlastung" als Ursache von "deals" beklagt wird, sind die Politiker gefordert, für ausreichende personelle Ressourcen zu sorgen - auch durch Wirtschafts- und Steuer- und sonstige Spezialisten, um Waffengleichheit mit solchen Beschuldigten herzustellen, die sich eine Armee von Experten leisten können.

A.Winkler
Bedauerliche Entwicklung!

Auch wenn es auf den ersten Blick verlockend sein mag, schwierige Prozesse schnell vom Tisch zu haben und die Gerichte zu entlasten, machen wir mit der Dealerei einen Schritt hin zur Zweiklassen-Gerichtsbarkeit. Oben wird 'gedealt' was das Zeug hält und beim 0815-Mitglied dieses Staates schlägt die ganze Härte des "Rechtsstaates" zu. Wirtschaftskriminelle mit der entsprechenden "Verhandlungsmacht" werden besser gestellt sein, als der Normalbürger, bei dem ein Sachverhalt offensichtlich auf der Hand lieget.

Das die Staatsanwälte in die Pflicht genommen werden, kann ich wohl nur als schlechten Scherz abtun. Wie sollen sie schließlich unbefangen "darauf achten, dass unzulässige Absprachen erst gar nicht getroffen werden, [sie] zumindest aber entsprechende Urteile mit Rechtsmitteln angreifen", wenn sie selbst doch eine Partei der Verhandlungen um einen Deal sind?

A.Winkler
@ Linuxpinguin

Wenn, wie 257c Abs. II StPO "Bestandteil jeder Verständigung [...] ein Geständnis sein" soll und dieses Geständnis, wie hier im Artikel bei tagesschau.de durch ein milderes Strafmaß belohnt wird, dann haben wir die Zweiklassen-Rechtsprechung. Das sich weder Richter noch Staatsanwaltschaft bei offensichtlichen kleinen Fällen nicht auf einen Deal einlassen, davon ist auszugehen. Das ein langwidriger Wirtschaftsprozeß hingegen auch eher durch einen Deal beendet wird, als daß man jahrelange Arbeit hineinsteckt, ist auch logisch. Und somit liege ich mit meiner Aussage leider keinesfalls so daneben, wie Sie vermuten. Das das alles nicht wiklich rund läuft, zeigt ja schon der Artikel bei tagesschau.de. Und das eine grundlegende Besserung nicht zu erwarten ist, wenn eine der aushandelnden Parteien selbst die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen überprüfen soll, bedarf keiner weiteren Worte.

Gast
ein gericht ist kein basar...........

mehr ist dazu nicht zu sagen !
im übrigen sollen sich politik und gerichte einmal die notwendigen strafen in usa ansehen, dann wird es sicher nicht mehr soviel kartellrechtsverstösse, lebensmittelskandale, bankenbetrüger, steuerhinterzieher geben.

Devora
@Lenyat

Nicht nur. Die Frage ist auch, ob wir zu komplizierte Regelungen haben. Eine Gesellschaft kann es sich nicht erlauben Sachverhalte unnötig kompliziert zu regeln, so dass der Verwaltungsaufwand zu groß wird.

Gast
stinkender Handel

ich dachte ja früher diese "deals" würden darauf abzielen dass man 'Rabatt' auf das Strafmaß gibt weil der Täter REUE durch ein Geständnis gezeigt hat. schon wieder eine illusion geplatzt, diese justiz ist einfach nur noch entsetzlich. Wenn man den Prozess für alle Beteiligten einfacher machen will, sollte man sich mal fragen warum diese Prozesse so langwierig sein müssen??!?? Ich bin mir absolut sicher dass man da Bürokratie einsparen und mehr Professionalität einführen könnte und dadurch alles beschleunigen.
Außerdem sollte man dann in erster Linie die ganzen Gartenzwerg-Prozesse verbieten um diese Infrastruktur für relevante Prozesse aufzusparen (die die sich umbedingt streiten wollen, sollten eine Schlichterstelle aufsuchen).
Aber doch kein stinkender Handel!

Gast
Rechtsstaat?

Da hat sich der Rechtsstaat nur scheinbar mit Ruhm geouted. Währe der Kläger kein Polizist, hätte das Verfassungsgericht die Klage nicht angenommen. Anderen wird es nichts helfen, es wird schlicht ignoriert werden. Der Fortschritt, so richtig das Urteil in seiner Argumentation ist, ist für die Katz. Die Argumentation, die Kontrolle der Staatsanwaltschaft zu übertragen ist ein Hohn, da lachen ja die Hühner, gerade diese haben in Wahrheit nicht Tatsachenermittlung, sondern _ausschließlich_ einen Sühne- oder Verurteilungswillen bis zur Beweisunterschlagung und Fälschung (siehe NSU-Fälle). Da hat das Verfassungsgericht den Bock zum Gärtner gemacht.

Bitbändiger
"Deal" vs. "Verständigung"

Die Zulassung solcher "Verständigungen" (Gesetzestext) ist ein echtes Dilemma; das BVerfG hat gut daran getan, auf die Einhaltung der sehr klaren rechtlichen Voraussetzungen und restriktive Handhabung zu dringen. US-amerikanische Verhältnisse brauchen wir hier nicht.

Ich würde mir deshalb auch sehr wünschen, dass tagesschau/tagesthemen den offensichtlichen Versuch einstellen, den Begriff "Deal" durch ständige Wiederholung als Standardbezeichnung für diesen juristischen Sachverhalt durchzupauken: Erstens sind wir keine US-Kolonie, zweitens hält die hiesige Amts- und Kultursprache den völlig zureichenden Begriff "Absprache" bereit, und drittens ist "Deal" aus dem Umfeld der Rauschgiftkriminalität hinreichend pejorativ belastet.