Ein Hörsaal aus der Hubschrauberperspektive.

Ihre Meinung zu Bilanz der Exzellenziniative: Keine Eins mit Sternchen

Forschungsförderung ja, aber wie? Nach rund zehn Jahren ist es Zeit, ein Nachfolgemodell für die Exzellenzinitiative zu finden. Dazu äußert sich heute Bildungsministerin Wanka. Die Bilanz von Experten und Betroffenen fällt durchwachsen aus. Von Ute Welty.

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17 Kommentare

Kommentare

spetzki
"...nicht nur in der Forschung, auch in der Lehre.."

Jaja, wer soll das denn machen?

Ich bin als Doktorand oft noch nach 12 Uhr nachts im Labor gewesen und hatte nicht selten meinen Institutsleiter als Gesellschaft.

Wer als Professor erfolgreich sein will muss eh schon mit dem Job verheirated sein.

Wichtig für Kontinuität und Qualität in Forschung und Lehre - war, ist und sollte sein - nicht zuletzt der akademische Mittelbau.

Fest angestellte Doktoren, die einen Großteil der Lehre übernehmen, Doktoranden betreuen, Paper schreiben,...

Aber: Ein Doktorand kostet weit weniger als die Hälfte eines fest eingestellten Doktors - und lässt sich oft weitaus besser ausbeuten. Ich hatte viele 80-Stunden-Wochen (und mehr) - von denen 20 bezahlt wurden (man arbeitet ja nicht für das Geld, sondern für den Abschluss).

In über 5 Jahren Forschung hatte ich über ein Dutzend Zeitverträge. Bei Firmen wäre das höchst illigal - Unis machen so was.

Das gnadenlose Trimmen auf "Leistung" ist ausbeuterisch und wenig nachhaltig, es braucht den Mittelbau

spetzki
Die Politik will mal wieder glänzen

Grundlagenforschung ist wichtig. Sie bringt die Menschheit voran.

Aber sie bringt keinerlei Geld ein. Nur selten ein Patent. Meistens veröffentlicht man seine Ergebnisse frei, so dass jeder sie nutzen kann.

Das ist natürlich nett - und eine Zierde für jedes Land.

Wichtiger für ein Land ist aber in der Tat eine gute Ausbildung. Gut ausgebildete Menschen erwirtschaften unser täglich Brot.

Heute finanziert man in Deutschland lieber 3 chinesische Doktoranden (die forschen und dabei ausgebildet werden, danach nach China zurück kehren) als einen Doktor (akademicher Mittelbau), der Forschung betreut und die Lehre auf ein hohes Niveau hievt.

Gute Lehre ist Zeit-intensiv. Ein Karriere-orientierter Professor hat für Lehre keine Zeit.
Der Wert eines Professors richtet sich international primär nach seiner Forschungsleistung. Der Mittelbau war immer das Rückgrad einer guten Lehre - vom Grundstudium bis zum Doktoranden.

Da hat man gespart und das war falsch.

Stachelrochen
Exzellent sind immer Wenige

Nicht die Universitäten sind gut, sondern bestimmte Gruppen oder Forscher die an ihnen arbeiten. Die "Exzellenz"initiative hört sich zunächst gut an - in der Schaffung suggestiver Begriffe sind wir in Deutschland häufig sehr kreativ. Letztendlich bindet dieses sehr grobe Förderinstrument viele Mittel, die dann bei der Förderung wirklich guter Einzelprojekte oder Forschungsverbünde fehlen. Eine differenzierte Verteilung ließe sich nicht so werbewirksam (für Unis und Politik) darstellen, würde der Forschung aber mehr helfen.

reinbolt48
Potemkinsche Dörfer

Deutschland gibt weniger für Bildung und Universitäten aus als der Durchschnitt der OECD-Länder. Im reichen Baden-Württemberg wurden z.B. die Zuweisungen für Universitäten durch die CDU-Regierungen seit 1998 nicht erhöht, trotz wesentlich mehr Studenten. Erst Grün-Rot hatte dies jetzt etwas angepasst.

Mit katastrophalen Folgen: Die Unis können kaum ihre Heizkosten oder Reparaturen bezahlen. Der "akademische Mittelbau" wurde weggespart, daher wird vorhandene Technik nicht mehr gewartet. Es gibt flächendeckend keine Doktorandenstellen mehr, nur noch "halbe" Stellen: Zwei Doktoranden, also an der Spitze der Forschung stehend, müssen mit je ca. 1300 € netto auskommen. Exzellenz - nein, kaputtsparen ... von den Medien kaum beachtet.

Dafür stieg das Privatvermögen in Deutschland 2015 um ca 200 Mrd € - meist das der Reichen ...

Silberdrache
Exzellenzinitiative schadet mehr

Eigentlich sollte die Exzellenzinitiative die Universitäten fördern. In vielen Fällen hat sie aber genau das Gegenteil bewirkt und das mit Ansage. Um eine Exzellenzförderung zu bekommen, muss die Universität ein Konzept nachweisen, wie sie die durch die Förderung geschaffenen Stellen auch nach Auslaufen der Förderung weiterfinanzieren kann. Dieses Konzept muss bei der Bewerbung bereits stehen. Viele Universitäten haben also Professuren freigehalten (Sprich Professorstühle nach Ausscheiden der Professoren nicht neu besetzt), um entsprechendes Geld frei zu haben. Sprich: Selbst bei der Universität, die am Ende die Fördergelder bekam, gab es am Ende oft nicht mehr Professoren als vor der Förderung, bei allen Universitäten, deren bewerbung abgelehnt wurde, gab es hinterher sogar weniger Professoren. Als Beispiel sei die Universität Stuttgart genannt, die für eine Exzellenz-Bewerbung 11 Professuren freigehalten hat, zum Nachteil der Studenten, denen dadurch Angebote verloren gingen.

COJO
Exellent sind immer die oberen 10%

Und wenn der Fokus nur auf diesen liegt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Rest 90% zur Deponie und zur Last wird.

Hier klopft man sich wieder auf die Schultern, nur weil man eine sehr helle Taschenlampe im Dunkeln besitzt, anstatt sich um das allgemeine Licht zu kümmern.

Bernhard Lang
aus dem Vorhandenen das beste machen

Eine in der Informatik-Szene (und nicht nur dort) sehr bekannte Person soll einmal gesagt haben, 95% aller Programmierer halte sich für überdurchschnittlich gut ... Statt alle Gelder dafür auszugeben, den besten hinterher zu rennen, sollte man sich darum bemühen, aus den und dem Vorhandenen das beste zu machen. Will man die Qualität als gesamtes anheben, muss man sich um den Durchschnitt kümmern, nicht um die Extremwerte. Die stellen sich dank der statistischen Normalverteilung von alleine ein. Herumdoktoren an den Extremwerten ändert dagegen mangels Masse am Gros kaum etwas. Aber es setzt falsche Anreize. Die derzeitige Leuchtturm-Politik führt neben der Vernachlässigung der Lehre zu einem exponentiell anwachsenden Berg an Publikationen, die, wo nicht gleich fehlerhaft oder zumindest nicht reproduzierbar, zum Grossteil irrelevant sind. Und nein, es braucht nicht mehr starke Führungspersönlichkeiten, sondern eine solide Personalpolitik, die jungen Forschern Perspektiven ermöglicht.

Hepheistos

Mit immer kürzeren und erbärmlicher bezahlten Arbeitsverträgen für die hochqualifizierten Mitarbeiter, die die eigentliche Forschung von der Idee erst auf feste Füße bringen sollen, ist auf Dauer kein bleibender Erfolg zu erreichen. Wenn sich der halbe Mitarbeiterstamm, in brennender Sorge, statt mit Versuchsansätzen damit beschäftigt, ob er er rechtzeitig seine Anträge am Arbeitsamt eingereicht hat, weil er immer noch nicht weiß, ob er seinen Arbeitsvertrag noch einmal verlängert bekommt und er schon seinen Mietvertrag kündigen müßte, weil er mit dem noch geringeren Geld des Arbeitsamtes seine Wohnung nicht mehr halten kann, dann wird vielleicht auch klar, wie wichtige Manpower im Forschungsbereich vertan wird. Aber egal, die Hauptsache wir erreichen die Weltspitze. Der Mensch bleibt in seiner Anonymität auf der Strecke und wenn man sich manche Patientenstudien ansieht, auch der Patient. Die Hauptsache wir glänzen endlich wieder international. Nur Renommee zählt!

Gast
Wettbewerbs- und Antragswahnsinn stoppen

Ich arbeite an einer Uni in den Niederlanden, wo es den Antrags- und Fördergelderwahnsinn auch gibt, wenn auch in anderer Form. Selber bin ich gut dabei gefahren, aber das ändert nichts daran, dass er sich auf die Hochschullandschaft als ganze negativ auswirkt. Achtzig bis neunzig Prozent der Antrag landen notwendigerweise im Papierkorb, mit enormem Frust als Folge.

Die Idee, man könne die Wissenschaft mit gezielten Anreizen und Strafen steuern, führt nur zu zynischem Opportunismus und einer vollkommen instrumentellen Geisteshaltung. Ob irgendwer den Krams liest den ich da schreibe ist mir dann ganz egal, Hauptsache er bringt mich der Beförderung näher weil meine Publikationsliste länger wird. Falls Impact gefragt ist, organisiere ich öffentliche "Debatten" die niemanden interessieren; wird internationale Kooperation gewünscht, baue ich Netzwerke mit Litauen die niemand wirklich braucht. Kurzum, die Politik muss weg von der Illusion, über Anreize "Exzellenz" schaffen zu können.

Gast
Grundausstattung statt Sonder-Programme!

Diese Exzellenz-Initiative war grober Unfug. Wir kranken nicht daran, daß es zu wenig Spitzenforschung gibt, sondern daran, daß die Grundausstattung der Universitäten weit unterhalb der Grenze liegt, die ein vernünftiges Arbeiten zuließe. Statt aber die zu erhöhen, gibt es immer wieder Programm-Mittel, deren einziger Sinn darin besteht, daß Politiker alle paar Jahre so tun können, als hätten sie was für die Forschung getan. Weg mit den ganzen Sonderprogrammen und her mit verläßlicher, ausreichender und berechenbarer Grundausstattung auf akzeptablem Niveau, dann werden die Universitäten in der Fläche wieder funktionieren u d nicht bloß ein paar "Leuchttürme". (Ich arbeite übeigens an einem dieswr Leuchttürme.)

Nightwind

Mein Eindruck an der RWTH ist eigentlich dass, die Lehre in einigen Studiengängen schlechter geworden ist. Das liegt daran dass, die Infrastruktur und das Betreuungspersonal kaum erweitert wurden.

Die Mittel der Uni sind außerdem kaum von Bedeutung für die Forschung an meinen Institut. Den Löwenanteil bekommen wir direkt von der EU, DFG und Industrie.

Möbius
Schönes Bild !

Frau Wanka mit wehenden Haaren und der Bildunterschrift sie wolle für "frischen Wind" sorgen. Herrlich ! Tatsächlich sieht es in der Forschung in Deutschland mau aus, das bekommt die Öffentlichkeit aber nicht mit. Alles wird von den "Eliten" die die Macht in Händen halten (MPI Direktoren, Lehrstuhlinhaber, Funktionären wie der der Humboldt Gesellschaft etc.) auf Hochglanz poliert. Spin Doctoring ist die Paradedisziplin der Naturwissenschaft. Forschungsanträge und viele Veröffentlichungen sind in Wahrheit Pamphlete, politische Streitschriften. Die Herausgeber der Fachzeitschriften, die Vergabegremien für Forschungspreise sowie die Förderprogramme (auch der EU Kommission) sind Teil eines zutiefst korrupten Systems das in seiner Ausgestaltung an die mittelalterliche Scholastik erinnert: Dogmen, Vetternwirtschaft und Denkverbote regieren und produzieren einen wissenschaftlichen Pseudofortschritt, ansprechend aufbereitet und vermarktet in Hochglanzmagazinen !

Residue
@ Bernhard Lang

Erstens ist der Durchschnitt selten eine relevante Grösse. Gerade in der Forschung und Bildung sind die Extremwerte wichtig, nicht ein durchschnittlich gutes Niveau.

Bestes Beispiel: Die Qualität wird nicht von selbst normalverteilt. Das ist eine Aussage, die unlogisch ist (der Durchschnitt versteht das Gesetz der grossen Zahlen eben nicht) und praktisch so nicht vereinbar mit Beobachtungen.

Wir sollten nicht vergessen, dass es unsere Spitzenprogramme sind die Spitzenkräfte anziehen. Das ist wichtig für Deutschlands Zukunft als ganzes, weil wir ein Innovationsland sind und gar keine anderen Alternativen haben. Arbeit hier ist zu teuer und dank der Gesetzeslage zu regide (etwa übermässiger Kündigungsschutz) und Resourcen haben wir keine nennenswerten.

Gast
@Nightwind

Gleiches Hier am in Karlsruhe am Kit - naja wir sind ja auch nur noch "Ex-Exzellent". Neustes Projekt ist ein Haus ohne Sauerstoffzufuhr in welchem man studiern soll,...

Forschung ist schön und gut aber mir scheint es das die Lehre manchmal etwas vernachlässigt wird. Ich erinnere mich noch an mein Studium als alte vertrocknete Dozenten die Grundzüge von Physik erklärten, schön Monoton das man keine Schlaftablette braucht.

Nachdem man sich dann durchgeqält hatte und vor der Auswahl stand und sah das bei einem Thema das einen interessiert der gleiche Dozent ist war das eher ein KO Kriterium - aber offensichtlich hat den Dozenten dieses Thema auch interessiert. Aber er wunderte sich warum "die Studenten" sich nicht dafür interessieren. Mich wunderte das damals nicht so sehr.

Dozent Schlaftablette konnte auch anderst,...

Und,... wenn ich mich fächerübergreifend umhörte - solche Schlaftgabletten gab es überall.

Aber was macht einen guten Prof aus? Lehre? Nein! Drittmittelanwerben!

Hepheistos

Weiterhin zum unbedingten Erfolg der deutschen Forschung maßgeblich beitragend, ist der immer größere Einfluss der Betriebswirtschaftslehre in die biologische oder medizinischen Forschung. Wie anders wäre es sonst gekommen, hätte man so nicht mittlerweile eine Budgetzuordnung selbst zur Verwaltung bekommen, mit der ich nun endlich selbst über den rechtzeitigen Einkauf von ausreichend Druckertoner oder auch Toilettenpapier zu entscheiden habe. Das alles ist natürlich nur der Forschung förderlich und für den erfolgreichen Fortgang meiner Forschungsergebnisse unabdingbar. Der Dank an die entsprechender Ideengeber solcher Unterstützungsmodule für die unmittelbare Forschung, darf auch nicht unerwähnt bleiben und wird mir jeden Tag ein zu einem größer werdenden Bedürfnis.

Papafix
So soll es sein

Die gebildete Gesellschaft:
Doktoren als Straßenkehrer, Ingenieure als Hausmeister, Philosophen als Taxifahrer.
Dazu holen wir uns die entsprechen akademisch gebildeten Ärzte, Krankenpfleger, Gaukler und Gastronomen aus dem Ausland.
Und unisono erschallt der Ruf nach mehr Geld und Gerechtigkeit.

WilhelmWolff
Befristung, Lehre

Für ein Hauptproblem in der Wissenschaft halte ich den Karriereweg vom Beginn der Promotion an. Vielleicht kann mensch die noch irgendwie finanzieren oder wird gefördert, aber danach gibt es allenorts nur befristete Stellen mit unbezahlten Überstunden usw. Angesichts solcher Perspektiven (hinzu kommen dann noch ständige Umzüge für neue Jobs) ist es wenig verwunderlich, dass eine Karriere in der Wissenschaft vielen wenig verlockend scheint. Sicherheit bietet lediglich eine Professur, doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Nicht zuletzt erschwert das auch die Familienplanung umheimlich.
Die Exzellenzininitiative halte ich in Zeiten stark steigender Studierendenzahlen für unsinnig. Natürlich ist Spitzenforschung wichtig, aber gerade jetzt wäre eine vernünftige Lehre auch von hoher Bedeutung, ansonsten bringt die steigende Zahl von Studienabschlüssen nichts.